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NPD-Kreisrat empört mit Auschwitz-Androhung

Jürgen Kötzing ist auf allen Anti-Asyl-Demos der Region zu finden. Jetzt wird er in der FAZ auf unannehmbare Weise zitiert.

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© Bernd Goldammer

Von Sebastian Kositz

Landkreis. In der Asylpolitik und den Debatten um neue Flüchtlingsunterkünfte hat der NPD-Kreisrat Jürgen Kötzing aus seiner ablehnenden Haltung nie einen Hehl gemacht. Der Wachauer trat als Redner auf Anti-Asyl-Demos in Ottendorf-Okrilla auf, unterstützte unter anderem die Gegner der inzwischen bezogenen Heime in Haselbachtal und Neukirch. Jetzt sorgen verschiedene Aussagen des NPD-Mannes für Wirbel, die am Sonnabend in einem Beitrag der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ veröffentlicht wurden. Darin nimmt der Kreisrat unter anderem Bezug auf die Deportation der Juden während der NS-Diktatur. Die Staatsanwaltschaft in Görlitz prüft bereits, ob sie gegen Jürgen Kötzing wegen Volksverhetzung ermitteln wird. Politiker aus dem Kreis sind entsetzt.

Journalisten der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ hatten in der Sonnabendausgabe des Blattes in einer großen Reportage über die Ankunft der ersten Flüchtlinge in dem Heim in Häslichl berichtet. Darin lassen die Reporter auch Anwohner und Gegner des Heimes, darunter NPD-Kreisrat Jürgen Kötzing zu Wort kommen. Zur Frage, wie mit straffälligen Asylbewerbern umzugehen sei, zitiert das Blatt den früheren Ortsvorsteher von Seifersdorf mit den markigen Worten: „Nee, Gleis 17, Waggon 1, rein und ab.“ Das Gleis 17 im Bahnhof Berlin-Grunewald symbolisiert die Deportation Berliner Juden ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Etwa 17 000 Menschen schickten die Nazis von dort in die Todesfabrik.

Doch nicht nur der Bezug zum Holocaust sorgt für Sprachlosigkeit. Im selben Beitrag spricht Jürgen Kötzing von einer „Umvolkung“ und lässt wissen: „Ich sage jetzt bewusst: Die deutsche Rasse soll durch solche Dinge aufgemischt werden.“ Angesichts dieser Aussagen hat sich jetzt die Staatsanwaltschaft in Görlitz eingeschaltet. „Derzeit wird geprüft, ob ein Verfahren wegen Volksverhetzung eingeleitet wird“, sagt Sprecherin Irene Schott. Schon in wenigen Tagen soll es eine Entscheidung geben. Das Gesetz sieht wegen Volksverhetzung eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren vor.

Ungeachtet von der strafrechtlichen Relevanz sorgen die in der „FAZ“ wiedergegeben Äußerungen von Kötzing auf breiter Front für Empörung. Als „widerlich und nicht zu entschuldigen“ kommentiert Landrat Michael Harig (CDU) die Worte des NPD-Vertreters: „Ich schäme mich dafür. Das schadet dem Ansehen des gesamten Kreises.“ Kreisrat Roland Fleischer (SPD) fordert indes Kötzing auf, sein Mandat im Kreistag niederzulegen: „Es ist unerträglich, mit solch einem Menschen und dessen Gedankengut in einem Saal zu sitzen.“ Der Vize-Chef der gemeinsamen Fraktion von SPD und Grünen könne nicht erkennen, dass der NPD-Vertreter die Richtlinien des demokratischen Handelns akzeptiere.

Nicht der erste verbale Ausfall

Matthias Grahl, Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion zeigte sich fassungslos. „Eine derartige Entgleisung liegt außerhalb des Vorstellbaren“, sagt Grahl, der es begrüßt, dass der Vorfall nun von der Staatsanwaltschaft geprüft wird. Linken-Fraktionschef Ralph Büchner fordert dazu auf, derartigen Aussagen mit einem verstärkten Engagement für die Flüchtlinge entgegenzutreten und die entsprechenden Bündnisse vor Ort zu unterstützen.

Tatsächlich seien die in der „FAZ“ wiedergegebenen Zitate von Jürgen Kötzing nicht der erste verbale Ausfall des Wachauers. Als Seifersdorfer Ortsvorsteher hatte er bereits vor sechs Jahren im Wachauer Gemeinderat mit dem Begriff „Negerdorf“ für einen Eklat gesorgt. Seinerzeit war Kötzing noch für das Wahlbündnis Arbeit, Familie und Vaterland des Ex-Bundestagsabgeordneten Henry Nitzsche aktiv. Die Äußerung bezog sich damals auf den Ort Pflückuff bei Torgau. Von dort stammte eine Elektrofirma, die für ein Bauvorhaben der Gemeinde einen Zuschlag erhalten hatte.

Die NPD hatte bei der Kreistagwahl 2014 fünf Sitze geholt. Später hatten sich jedoch drei der Mandatsträger aus der Fraktion verabschiedet und ein eigenes Bündnis gegründet. Seitdem sitzt Kötzing als Fraktionsloser für die NPD im Kreistag. Zugleich stieg er nach dem Zerwürfnis zum Chef des Kreisverbandes auf.