Dresden
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Null-Müll-Café lädt zum Tee

Die „Wilde Flora“ ist Teil der Zukunftsschau im Japanischen Palais. Der eigene Anspruch stößt manchmal an Grenzen. 

Von Henry Berndt
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Von jetzt auf gleich wurde Christiane Kupfer zur Gastronomin. Ihr Café „Wilde Flora“ im Japanischen Palais ist gleichzeitig ein Kunstprojekt.
Von jetzt auf gleich wurde Christiane Kupfer zur Gastronomin. Ihr Café „Wilde Flora“ im Japanischen Palais ist gleichzeitig ein Kunstprojekt. © René Meinig

Der Tresen ist aus alten Kunstkisten zusammengezimmert. Auch die Metallregale stammen aus dem Fundus des Hauses, genauso wie die futuristisch geformten roten Sessel, die an den Wänden stehen. Wer ein wirklich nachhaltiges Café eröffnen möchte, der nimmt ganz bewusst, was er kriegen kann – und haucht im besten Fall Aussortiertem neues Leben ein.

Mit seiner fünf Meter hohen Decke und der spärlichen Einrichtung wirkt die „Wilde Flora“ im Japanischen Palais nicht gerade wie eine Starbucks-Filiale. Aber das soll sie auch nicht. Das Café ist vielmehr Teil der Ausstellung „Die Erfindung der Zukunft“, die bis Anfang November maximal interaktiv den Fragen nachgeht, wie wir künftig Leben wollen und was ein gutes Leben überhaupt ausmacht. Neben Sport und der Debattenkultur sollte auch die Nachhaltigkeit ihren Platz in der Ausstellung finden. Und da bis vier Wochen vor der Eröffnung im Mai sowieso noch ein Café im Haus fehlte, wurden einfach einige Puzzleteile zusammengefügt.

Erst wenige Wochen zuvor hatten die Dresdnerinnen Christiane Kupfer und Diana Mayer-Karstadt das Projekt „Wilde Flora“ gestartet, mit dem sie die Lobby der Wildkräuter stärken wollen. Nun waren sie auf einmal Gastronomen. Besonders für Christiane als studierte Designerin für visuelle Kommunikation eine unbekannte Welt. Mietfrei wurden ihnen für die Dauer der Ausstellung der große Raum im Japanischen Palais überlassen. Alle Einnahmen fließen in den laufenden Betrieb. Im Gegenzug verpflichteten sie sich, einen Null-Müll-Versuch als eine Art lebendiges Kunstprojekt zu wagen.

Gesagt, getan. Innerhalb weniger Tage stand die Einrichtung. Vom Trödelmarkt wurden Omas Sammeltassen und das restliche Porzellangeschirr herangeschafft. Plastik ist in der „Wilden Flora“ natürlich nicht zu finden. Schwieriger wurde der komplette Verzicht auf Müll, als es an den Einkauf der Lebensmittel ging. Regional, saisonal und fair sollte alles sein, das war klar. Das Spülmittel haben sie selbst hergestellt. Doch was ist mit den Verpackungen? „Für 25-Kilo-Salz-Säcke haben wir hier leider gar keine Lagerfläche“, sagt Christiane, „und abgesehen davon auch noch nicht den finanziellen Puffer für große Investitionen.“ Ein paar Kompromisse müssen die beiden also eingehen. Immerhin will Christiane bald eine Getreidemühle mitbringen.

Praktischerweise hat der Verein Ufer-Projekte im Innenhof des Palais einen Kräutergarten in Hochbeeten zum Mitgießen und Mitnaschen aufgebaut. Auch der ist Teil der Ausstellung. Für Christiane bildet er zusammen mit ihrem Café die perfekte Symbiose. „Der Garten ist ein wunderschöner Außenbereich zum Sitzen“, sagt die 41-Jährige. „Außerdem können wir uns für die Zubereitung unserer Tees, Pestos und anderer Gerichte hier jederzeit bedienen.“ Von Minze über Zitronenverbene und Salate bis zu Kapuzinerkresse wächst hier alles, was das Küchenherz begehrt.

Wer einen Kaffee aus einer Dresdner Rösterei trinken will, kann dazu zwischen deutschem Bio-Rübenzucker oder Rohrzucker aus Lateinamerika wählen. Das passt zu den selbst gebackenen Brötchen morgens beim Frühstück nach „Yoga im Park“.

Überhaupt würden Christiane und Diana gern noch viel mehr Besucher des Palais-Sommers und überhaupt noch mehr Hungrige in ihr Café locken, auch wenn ihre Werbemöglichkeiten begrenzt sind.

Und nach dem Ende der Ausstellung im November? „Es ist unser aller Wunsch, das wir bleiben können“, sagt Christiane, „aber das liegt nicht in unseren Händen.“