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Oberland: Schlimmstes Hochwasser seit 100 Jahren

Besonders groß sind die Hochwasser-Schäden in Cunewalde, Schirgiswalde und auch in Sohland.

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Von Katja Schäfer

Eine Schneise der Verwüstung zieht sich im Oberland entlang von Spree, Cunewalder Wasser und auch anderen Gewässern. Straßen und Brücken sind beschädigt. In Wohnungen, Betrieben, Werkstätten und Geschäften stand das Wasser teils über einen Meter hoch.

Kirschau

Das Erdgeschoss von Horst Bastians Haus Am Schlossberg 5 in Kirschau ist unbewohnbar. Bis in anderthalb Meter Höhe sind Wände und Möbel braun verschmiert; so hoch stand die Spree. „50Jahre wohne ich hier, aber so was habe ich noch nicht erlebt“, sagt der kräftige Mann matt. Die Heizung ist kaputt, Möbel und Hausrat sind unbrauchbar. Und vor den Fenstern gurgelt auch am Sonntag noch die Spree als breiter brauner Strom vorbei. Die große Brücke in der Straße Am Haag ist gebrochen, das Geländer abgerissen, der Asphalt der Straße weggespült. Schlimm sieht es auch an anderswo aus. Die Rettungswache, die Trainingsstätte vom Karateverein, Teile des Vier-Seiten-Hofes mit Apotheke und Arztpraxen sowie das Jugendhaus wurden überschwemmt. In Rodewitz fielen die Telefone aus.

Schirgiswalde

Ein trauriges Bild bietet die Schirgiswalder Niedergasse; anderthalb Meter stand das Wasser dort in den Häusern. „Die Spree hat die höchste bisherige Hochwassermarke um einen Meter überstiegen“, berichtet Bürgermeister Patric Jung (CDU). Aus einem Gebäude am Niedermarkt mussten sieben Bewohner evakuiert werden; eine Reihe weiterer Häuser war vom Wasser eingeschlossen. Die Stadt richtete eine Notunterkunft ein. „Den wirtschaftlich größten Schaden hat die Bäckerei Kloßmühle erlitten, wo Produktions- und Verkaufsräume überschwemmt waren“, schätzt der Bürgermeister ein.

Cunewalde

Das sonst so friedliche Cunewalder Wasser ist zum reißenden Strom geworden, an vielen Stellen über die Bachmauern getreten. Äste, Gras und andere Dinge, die sich an Geländern verfangen haben, künden noch davon. Das Wasser hat Straßenpflaster herausgerissen, Stützmauern ausgespült, in Wohnungen, Geschäften und Werkstätten eine dicke Schlammschicht hinterlassen. Betroffen sind unter anderem die Mietwerkstatt Rößler, Radio Brückner oder Malermeister Mann. Im Erdgeschoss vom Gemeinde- und Bürgerzentrum wurden Schreibpapier und Büromaterial durchweicht. Gemeindemitarbeiter und Helfer werfen am Sonntag alles in Container, schieben mit Schneeschippen Schlamm vom Parkplatz. Bei der Gartenanlage Talaue in Weigsdorf-Köblitz ist der Uferhang abgerutscht. Die Schuleingangsfeier am Sonnabend in der Blauen Kugel wurde vorzeitig beendet, weil im Foyer das Wasser stieg.

Sohland

Verkehrschaos herrscht seit Sonnabend in Sohland. Die Brücke über der Spree auf der Kreisstraße am Roten Hof ist am Sonnabend gegen 18Uhr eingestürzt, eine wichtige Verkehrsader somit unpassierbar. Bis Sonntagmittag blieb die Bundesstraße am Stausee gesperrt, weil Experten erst prüfen mussten, ob die Bogenbrücke noch sicher steht. Die Feuerwehr hatte unzählige Keller leer zu pumpen, aber auch Menschen aus Häusern in Sohland und Taubenheim zu evakuieren und Tiere in Sicherheit zu bringen. „Auf einem Grundstück in Sohland war ein Gas-Tank umgekippt und Gas trat aus. Dort mussten wir alles absichern“, berichtet Gemeindewehrleiter Hans-Georg Schilling.

Auch viele Unternehmen sind vom Hochwasser betroffen. Bürgermeister Matthias Pilz (CDU) nennt als Beispiele die Edelstahlverarbeitung Schmitt und das Eiscafé in Taubenheim sowie die Natursteinfirma Hantusch. Bei Jokey Plastik schoss der Rosenbach „hinten zum Betrieb rein und vorn wieder raus“, beschreibt der Bürgermeister.

Wilthen

Das schlimmste Hochwasser der vergangenen 100 Jahre wurde am Sonnabend in Wilthen registriert. Ähnliche Ereignisse gab es nach Aussagen von Bürgermeister Michael Herfort (CDU) zuletzt 1970 und 1924, jeweils im Juni. Während das längs durch Wilthen führende Butterwasser normalerweise 30Zentimeter hoch ist, schoss es am Sonnabend mit einer Höhe von etwa 1,80Meter durch die Stadt, setzte viele Keller und einige Wohnungen unter Wasser, beschädigte Straßen und Brücken. Doch auch Wilthener, die weitab vom Butterwasser wohnen, sind vom Unwetter betroffen. Die Rückhaltebecken im Gewerbegebiet Süd und die Kanalisation konnte die aus Richtung Weifaer Höhe abfließenden Regenmassen nicht fassen. Das Wasser schoss durch Grundstücke, sprudelte aus Gullys, stand auf Straßen. „Verglichen mit anderen Orten sind wir aber glimpflich davongekommen“, ist Herfort froh.

Crostau

Weitgehend verschont blieb auch die Gemeinde Crostau. „Die Talstraße wurde überspült, dort liefen Keller voll. Der Bleichteich ist übergelaufen, an der Straßenbaustelle in Richtung Halbendorf gab es massive Ausspülungen“, zählt Wehrleiter Silvio Mai auf. Die Feuerwehr war vor allem an der Spreetalstraße in Richtung Schirgiswalde im Einsatz, um Keller auszupumpen, Schlamm und Unrat zu beseitigen.