Von Manfred Müller
Riesa/Großenhain. Vor Gericht kommen gelegentlich Sachen an die Öffentlichkeit, die einem Unbeteiligten die Sprache verschlagen. So im Falle des Großenhainers Dirk B., der sich wegen Beleidigung vorm Amtsgericht verantworten muss. Der gelernte Heizungsmonteur hat seine Ex-Lebensgefährtin per Handy mit Kurzmitteilungen traktiert, die an Obszönität nicht zu überbieten sind. Und nicht nur sie. Auch an ihren Bruder schickte er hasserfüllte Nachrichten, in denen er die sexuelle Beziehung zu seiner Verflossenen ausführlich kommentierte.
Mit unbewegter Miene verliest der Staatsanwalt minutenlang die üblen Beschimpfungen. Die Betroffene muss sich das glücklicherweise nicht mit anhören - sie sitzt draußen im Zeugen-Warteraum. Jana E. hatte sich im Dezember 2013 nach einem reichlichen Jahr von Dirk B. getrennt. Das habe er nicht verkraftet, erklärt der Angeklagte. Sie sei seine große Liebe gewesen. Was den 47-Jährigen aber nicht davon abhielt, sie schon bald darauf per Sms als „Schlampe“, „Hure“ und „Mistvieh“ zu bezeichnen.
Morddrohungen nicht vor Gericht
Dirk B gibt das auch unumwunden zu, beruft sich aber darauf, dass versucht habe, seine Enttäuschung in Alkohol zu ertränken und dadurch enthemmt gewesen sei. Eigentlich macht der Großenhainer vor Gericht keinen schlechten Eindruck. Er könne sich selbst nicht erklären, was in diesen Momenten geritten habe, sagt er. Der Kontrast zwischen seiner gewählten Ausdrucksweise und dem widerlichen Zeug, das er per Handy verschickt hat, könnte größer nicht sein. Das gipfelte sogar in Drohungen, wie „Dein Garten brennt, dein Haus brennt, deine Katze ist tot!“ und „Ich werde dich töten!“. Allerdings hat Jana E. wegen dieser beiden Nachrichten keinen Strafantrag gestellt, so dass sie nicht zum Gegenstand des Verfahrens werden. Was die Sache noch komplizierter macht. Der Fall kommt nicht zum ersten Mal vor Gericht zur Sprache. Bereits im vorigen Jahr saß Dirk B. wegen beleidigender Kurznachrichten auf der Anklagebank. Damals versprach er, sich von der Geschädigten und ihren beiden Töchtern fernzuhalten. Daraufhin wurde das Verfahren eingestellt.
Strafrecht löst diese Konflikte nicht
Körperlich hat sich der Delinquent an das Kontaktverbot gehalten. Es gab auch keine Anrufe, so dass man nicht von einem regelrechten Stalking sprechen kann. Lediglich die Beschimpfungen per Sms fingen wieder an. Eskalierende Beziehungsstreitigkeiten sind für die Rechtsprechung eine undankbare Aufgabe. Richterin Ingeborg Schäfer macht auch gar keinen Hehl daraus, dass sie das Strafrecht für ungeeignet hält, solche Konflikte zu lösen. Sie könne den Angeklagten maximal zu einer Geldstrafe verurteilen. Aber ob ihn das dazu bringe, mit den Beschimpfungen aufzuhören, sei nicht garantiert.
Das aber sei doch eigentlich ihr Ziel, versucht die Richterin Jana E. zu überzeugen. Ob sie mit einer erneuten Einstellung des Verfahrens und einer sechsmonatigen Bewährungsphase für Dirk B. leben könne? Immerhin habe der doch seit fast zwei Monaten Ruhe gegeben.
Jana E. will das zunächst nicht verstehen. „Er hat mein Leben ruiniert, jetzt ruiniere ich seins“, platzt es aus ihr heraus. Dann beruhigt sie sich ein wenig. Überdies versucht der Angeklagte, ihr Mitleid zu wecken. Er habe das vergangene Wochenende wegen nicht bezahlter Schulden im Gefängnis verbracht. Die dort empfundene Einsamkeit sei für ihn ein einschneidendes Erlebnis gewesen – in den Knast wolle er nie wieder. Deshalb werde er künftig keinerlei Kontakt mehr zu seiner Ex-Gefährtin suchen. Der Staatsanwalt sieht B.s Beteuerungen zwar skeptisch, stimmt aber einer vorläufigen Einstellung des Verfahrens zu.
Der Großenhainer erhält die Auflage, ein halbes Jahr lang jegliche Kontaktaufnahme mit Jana E. zu unterlassen. Als sich Dirk B. allerdings noch wortreich bei ihrem Bruder entschuldigt, platzt der Geschädigten der Kragen. „Alles gelogen!“ schimpft sie und verlässt brüsk den Gerichtssaal. „In einem halben Jahr wird der wieder damit anfangen.“