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Lebenswerk abgebrannt – Haftstrafe für Hausmeister

Es war eine nicht alltägliche Verhandlung am Amtsgericht. Es ging um viele Kleinigkeiten und einen großen Schaden.

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© Archivfoto/Förster

Von Heike Sabel

Bad Gottleuba- Berggießhübe. Der Angeklagte hoffte bis zuletzt auf Bewährung. Doch zu schwer wiegt das, was er am 20. Juli des vergangenen Jahres tat. Er legte im Oelsener Bienhof Feuer, wodurch das ganze Objekt vernichtet wurde. Es wird von einem Schaden zwischen 860 000 Euro und 1,5 Millionen Euro gesprochen. Das Lebenswerk des Eigentümer-Ehepaars Dulas und vieler Freunde ist in dieser Sommernacht in Flammen aufgegangen. Zehn Freunde der Familie saßen am Mittwoch mit im Pirnaer Gerichtssaal.

Der Angeklagte ist der 68-jährige Hausmeister der Familie. Man kennt sich aus dem gemeinsamen Wohnort Röhrsdorf bei Chemnitz und war mal befreundet, das bestätigen alle drei. Der Angeklagte half, so wie viele und irgendwann bot er sich als Hausmeister vor Ort an. Gemeinsam bauten sie die Wohnung aus. Für seine Hausmeister-Tätigkeit bekam er 100 Euro im Monat, die Miete betrug um die 330 Euro. Dass seine Arbeitsleistung die 100 Euro überstieg, war auch der Familie Dulas klar. Es ist das Prinzip der gegenseitigen Hilfe. Freunde haben dafür ein Zimmer im Bettenhaus, in dem sie übernachten konnten. Mit dem Geld für die Arbeit fing es an. Immer wieder gab es vor allem Unstimmigkeiten zwischen dem Angeklagten und Silvio Dulas. Unstimmigkeiten geboren aus verletzten Gefühlen, die in Streitereien ausarteten. Es ging um die Nässe in der Wohnung, um Zutrittsrechte. Manchmal auch um Kleinigkeiten wie eine Apfelsine. Der Angeklagte wollte ausziehen und kündigte, zog aber doch nicht aus, zahlte aber auch keine Miete. Aus Freundschaft wurde Feindschaft.

Welche Rolle dabei die Vergangenheit des Angeklagten spielte, wird nicht ganz deutlich. Er war Personenschützer bei der Stasi, was Familie Dulas jedoch von Anfang an wusste. Jedenfalls schaukelte sich da etwas auf, das am 20. Juli in einer schrecklichen Tat endete.

Reue überzeugt wenig

Am Ende waren es drei Ofenkacheln, die das Fass zum Überlaufen brachten. Der Angeklagte nahm sie sich, der Vermieter zerstörte sie ihm. Das war am Wochenende vor der Tat. Danach hatte der Angeklagte nur noch ein Ziel: Seinen Hausstand vernichten und anschließend sich selbst. Nichts sollte von ihm bleiben und nichts sein einstiger Freund bekommen. Zuerst verbrannte er alle persönlichen Unterlagen. Am 20. Juli legte der Angeklagte an vier Stellen, es können auch fünf gewesen sein, in seiner Wohnung Feuer. Mit Brennspiritus und wahrscheinlich Grillanzünder.

Er lässt es brennen, fährt mit seinem Fahrrad in Richtung Berggießhübel, sucht sich eine Stelle, wo er sich die Pulsadern mit dem Cuttermesser aufschneidet und Tabletten schluckt. Zu Fuß läuft er dann in Richtung Pirna. In Zehista habe er Polizei und Rettungsdienst anrufen wollen, doch keinen Empfang gehabt. Schließlich nimmt ihn ein Krankenwagen mit in die Klinik. Heute weiß der Angeklagte, er hätte das alles anders klären müssen. Doch das zählt nicht, auch nicht, dass er einen so großen Schaden nicht wollte. Es zählt, dass nichts übrig blieb, er voll zurechnungsfähig war und die Tat plante.

Der Angeklagte entschuldigte sich bei Katrin und Silvio Dulas, die als Zeugen aussagten. „Es tut mir wirklich leid, ich entschuldige mich.“ Sie hat die Entschuldigung angenommen. Das Gericht nahm sie als entlastenden Fakt zur Kenntnis. Richter Beeskow sagte aber auch sehr deutlich: „Ich habe bis zum Schluss Bauchschmerzen, ob ihre Reue ernsthaft ist.“ Der Angeklagte habe bis zuletzt die Schuld immer beim Vermieter gesucht. Als der Angeklagte von seinen Versuchen, psychiatrische Hilfe zu bekommen, spricht und davon, noch immer auf den Rückruf eines Arztes zu warten, redet ihm Beeskow ins Gewissen: „Das überzeugt mich wenig. Da geht man mal vorbei. Auf einen Rückruf können sie da lange warten.“ Beeskow macht auch kein Geheimnis daraus, dass er nicht „auf Psychotrip“ ist. Zwar sei bei dem Angeklagten eine Störung festgestellt worden, für Strafjuristen sei das aber irrelevant.

Der Staatsanwalt plädierte für drei Jahre und drei Monate Gefängnis. Möglich sind zwischen einem Jahr und 15 Jahren. Die Pflichtverteidigerin tat sich schwer mit einem Strafmaß, die über drei Jahre waren ihr jedoch deutlich zu hoch. Für den Richter sind die drei Jahre in dem für die Region ungewöhnlichen Fall angemessen. „Bewährung würde keiner verstehen.“

Familie Dulas ist nach dem Urteil nach Hause gefahren. In Oelsen gehen die Arbeiten voran. Vielleicht klappt es im Oktober mit dem verspäteten Umzug. Die Freunde stehen bereit.