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Offene Fragen nach Angriff auf Schüler in Bad Schandau

Die Polizei vermutet einen rechtsextremen Hintergrund. Die Hamburger Schulklassen sind mittlerweile abgereist.

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Von Dirk Schulze

Es war die letzte Nacht ihrer Klassenfahrt. Eine Woche hatten drei zehnte Klassen des Hamburger Goethe-Gymnasiums in der Ostrauer Jugendherberge oberhalb von Bad Schandau verbracht. Mit einem Bergführer gingen sie klettern ins Elbsandsteingebirge, hatten Spaß. Am Samstag sollte es mit dem Bus wieder nach Hause gehen. Doch um drei Uhr morgens war es mit der Ruhe vorbei.

Herbergsvater Josef Zuber hatte sich am Freitagabend nach der Fußballübertragung ins Bett gelegt. Die Fenster seines Schlafzimmers machte er zu, um dem Lärm des nahe gelegenen Ortsfestes zu entgehen. Wach wurde er erst wieder, als mitten in der Nacht die Polizei auf seinem Hof vorfuhr. Es waren vermutlich die Geräusche der Feier mit Schlagerabend und Disco, die rund zehn der Hamburger Schüler in den frühen Morgenstunden noch einmal nach draußen lockten – entgegen der ausdrücklichen Anweisung ihrer Lehrer. Ob sie auf dem Ortsfest ankamen und ob es eventuell schon dort zu einer Auseinandersetzung kam, ist aktuell nicht bekannt. Fest steht, dass die 15- bis 16-Jährigen auf dem Rückweg zur Herberge verfolgt wurden, laut Polizeiangaben von rund einem Dutzend teilweise alkoholisierter Personen. Drei der Verfolger sollen dann in das Haus eingedrungen sein und dort einen Unbeteiligten mehrfach ins Gesicht geschlagen haben. Der 15-Jährige, der nicht bei dem nächtlichen Ausflug seiner Mitschüler dabei gewesen war, musste später im Krankenhaus behandelt werden.

Die Polizei geht derzeit von einem rechtsextremen Hintergrund aus. Vor der Herberge wurden mehrere fremdenfeindliche Parolen gerufen, heißt es. Deshalb hat das Operative Abwehrzentrum die Ermittlungen übernommen, das speziell für die Bekämpfung von Rechtsextremismus zuständig ist. Mit Details hält sich die Behörde bedeckt. Es werde akribisch und mit Hochdruck ermittelt, heißt es.

Bei den Angegriffenen handelt es sich um eine Schulklasse, wie sie typisch ist für Hamburg, sagt Egon Tegge, Leiter des Goethe-Gymnasiums. In der Großstadt leben knapp dreißig Prozent Migranten, die Eltern der Schüler stammen aus der ganzen Welt. In Hamburg sei das völlig normal, auf einem Dorffest im ländlichen Raum würde es hingegen auffallen.

Kletterreisen mit Hamburger Schülern in die Sächsische Schweiz gibt es schon seit zehn Jahren. „Ich fände es gut, wenn es so bliebe“, sagt Tegge. Er kann sich aber vorstellen, dass die Eltern im nächsten Jahr Bedenken haben könnten. Der Schulleiter setzt auf die Ermittlungen der Polizei und hofft, dass die Täter mit aller Härte bestraft werden. „Ich möchte, dass sich unsere Jugendlichen wohlfühlen und frei bewegen können, egal, wo sie sind.“

Herbergsvater Zuber sieht sich in überwunden geglaubte Zeiten zurückversetzt. Nach diversen Vorfällen in der Vergangenheit sei es in den letzten fünf Jahren ruhig geblieben. „Für uns war das Geschichte“, sagt er. Sollte sich der Verdacht bestätigen, sei der Imageschaden für die Region enorm: „Für den Tourismus ist das genauso schlimm wie das Hochwasser. “

Bad Schandaus Bürgermeister Andreas Eggert (parteilos) hat am Montag von der Attacke erfahren. Eggert zeigt sich sehr betroffen und hofft auf schnelle und gründliche Ermittlungsarbeit der Polizei. Seine bisherigen Informationen ließen noch keinen Schluss zu, ob der Vorfall tatsächlich einen rechtsextremistischen Hintergrund habe. Falls sich der Verdacht erhärte, werde er entschlossen reagieren und sich bei den Schülern im Namen der Stadt Bad Schandau entschuldigen.

Hinweise an die Polizei unter 0351 4832233