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Opernsängerin will Park retten

Die Gemeinde Käbschütztal hat kein Geld, um den historischen Schlosspark in Niederjahna auf Vordermann zu bringen. Doch jetzt gibt es vielleicht doch eine Möglichkeit.

Von Jürgen Müller
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Durch das Hochwasser 2013 wurden auch zwei Brücken zerstört. An einer davon sitzt hier Romy Petrick. Sie und ihre Mitstreiter haben eine Idee, wie das Kleinod wieder auf Vordermann gebracht werden könnte.
Durch das Hochwasser 2013 wurden auch zwei Brücken zerstört. An einer davon sitzt hier Romy Petrick. Sie und ihre Mitstreiter haben eine Idee, wie das Kleinod wieder auf Vordermann gebracht werden könnte. © Andreas Weihs

Käbschütztal. Romy Petrick ist erkältet. Das ist so ziemlich das Schlimmste, was einer Sängerin passieren kann. Die 38-Jährige ist im richtigen Leben promovierte Musikwissenschaftlerin und Sopranistin. Was die Frau, die an vielen Opernhäusern zu Hause ist, freilich nicht daran hindert, sich für ihre unmittelbare Umwelt zu interessieren. 

Trotz Erkältung stapft sie tapfer durch den Park in Niederjahna. Der im 18. Jahrhundert angelegte Schlosspark mit zwei Teichen und vielen alten Bäume wie Buchen und Eichen war mal ein Kleinod. Inzwischen ist er – freundlich formuliert – in großen Teilen naturbelassen.

Das Hochwasser von 2013 gab dem rund zwei Hektar großen Park den Rest. Er wurde komplett überflutet, die Teiche verschlammten, zwei Brücken wurden total zerstört. Die in den 1990er Jahren angelegten Brücken mussten abgebaut werden, weil die Fundamente unterspült waren und es Schäden an den tragenden Holzkonstruktionen gab. „Dies brachte das Fass zum Übelaufen. 

Seitdem kann man den Park nicht mehr durchqueren, der Weg zum Damwildgehege ist wegen der kaputten Brücken unterbrochen“, sagt Romy Petrick, die seit fünf Jahren mit ihrem Mann, dem Denkmalschützer Matthias Donath, in Niederjahna lebt. Hinzu kamen Sturmschäden, in deren Folge Bäume notgerodet werden mussten. Dadurch wurden breite Schneisen in das Naturdenkmal geschlagen, die ursprünglichen Wege weiter zerstört. Der hochverschuldeten Gemeinde Käbschütztal fehlt das Geld, um den Park wieder herzustellen.

Romy Petrick will das, gemeinsam mit ihren Mitstreitern vom Heimatverein Käbschütztal, ändern. Und sie hat auch eine Idee, wie dies gelingen könnte. Über die Gemeinde will der Verein an einem Ideenwettbewerb für den ländlichen Raum teilnehmen, der vom sächsischen Umweltministerium gestartet wird. Dazu wurde jetzt ein Konzept erarbeitet. Kern ist es, einen barrierefreien und interaktiven Generationenpark mit zehn lebensgroßen Holzskulpturen von Einwohnern Niederjahnas zu schaffen. „Das können der jüngste oder der älteste Einwohner, derjenige mit dem ungewöhnlichsten Beruf, oder jemand, der von sehr weit hergezogen ist, sein“, sagt Romy Petrick. 

Die Skulpturen sollen einheimische Künstler schaffen. Um sie zu erhalten, sollen Patenschaften mit ansässigen Firmen abgeschlossen werden, welche die Pflege und Instandhaltung der Skulpturen übernehmen.

In der Herbstsonne sieht der Schlosspark Niederjahna idyllisch aus. Doch der Schein trügt. Er ist in einem desolaten Zustand. 
In der Herbstsonne sieht der Schlosspark Niederjahna idyllisch aus. Doch der Schein trügt. Er ist in einem desolaten Zustand.  © Andreas Weihs

Im Park sollen zudem barrierefreie Wege und neue Brücken gebaut werden. Damit soll das Parkgelände wieder erschlossen werden. Gedacht ist an Spaziermöglichkeiten, einen Fahrradweg, eine Verbindung von Straßen mit Brücken, ein Fitnessweg, eine Spielstraße. Außerdem soll der Park wieder aufgeforstet werden. „Niederjahna mit seinen 300 Einwohnern ist ein Ort, der durch den Zuzug junger Familien sehr stark wächst“, sagt die Wahl-Niederjahnerin.

Der Ort ist auch deshalb attraktiv, weil er auf dem Land, jedoch nur einen Steinwurf von Meißen entfernt liegt. Erst in diesem Jahr entstand eine Reihenhaussiedlung. Vor zwei Jahren konnte in Niederjahna durch Spenden ein Spielplatz errichtet werden. Durch die Nähe zur Stadt Meißen kommen auch zahlreiche Fahrradtouristen hierher. Einst galt der Park als Anziehungspunkt und Ruhemöglichkeit. „Durch die Verwilderung ist er das nicht mehr, zudem wird das Ortsbild dadurch massiv geschädigt“, sagt die gebürtige Bautzenerin.

Niederjahna wurde bereits im 12. Jahrhundert gegründet. Das ursprünglich kleine Rittergut hat eine wechselvolle Geschichte, das Renaissanceschloss mit seinen bemalten Holzbalkendecken hat überregionale Bedeutung. Bis Ende des Zweiten Weltkrieges bestand Niederjahna im Grunde nur aus dem Herrenhaus. Erst durch den Zuzug von Flüchtlingen 1945 wuchs der Ort rasant an. Er verfügte einst über eine Schule, einen Kindergarten und einen Gasthof. Davon ist nichts mehr geblieben.

Der Heimatverein hofft auf Fördermittel von 230 000 Euro. Ob das Konzept allerdings den Zuschlag erhält, ist völlig offen. Doch selbst wenn es gelingt, wird dieses Geld bei weitem nicht für alles reichen. Allein das Entschlammen der Teiche würde 300 000 Euro kosten.

Der Heimatverein hat aber auch einen Plan B in der Tasche, falls es keine Förderung gibt. „Wir werden auf jeden Fall etwas tun, wollen dann Spenden sammeln, um wenigstens die Wege und die Brücken im Park wieder herzustellen“, sagt Romy Petrick.