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Osterlämmer sind längst da

Schneiders sind die letzten Schäfer im Altkreis Großenhain. Bald geht es wieder auf den Exer.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Birgit Ulbricht

Kalkreuth. Seit Mitte Januar ist Ostern. Zumindest werden jetzt täglich Osterlämmer bei den Schneiders geboren. Die Kalkreuther Schäferei ist derzeit eine einzige Kinderstube. Denn zu den 350 Schafen kommen noch etwa hundert Ziegen. Burenziegen, Thüringer Milchziegen oder weiße Edelziegen – im bunten Mix wird gemeckert und geblökt.

Emil und Spencer sind zwei von sechs Eseln, die die Herde draußen vor Wölfen schützen. Einmal hat das geklappt, sagt Dieter Schneider.
Emil und Spencer sind zwei von sechs Eseln, die die Herde draußen vor Wölfen schützen. Einmal hat das geklappt, sagt Dieter Schneider. © Klaus-Dieter Brühl
Die kleine Burenziege meckert fröhlich mit. Die Ziegenmilch wird auch für Notfälle unter den Lämmern gebraucht. Denn andere Schafe nehmen sich verwaister Lämmchen nicht an.
Die kleine Burenziege meckert fröhlich mit. Die Ziegenmilch wird auch für Notfälle unter den Lämmern gebraucht. Denn andere Schafe nehmen sich verwaister Lämmchen nicht an. © Klaus-Dieter Brühl

Die Ziegen sind für Barbara und Dieter Schneider wichtig, denn die Milchziegen springen ein, wenn ein Mutterschaf ihr Kleines verstößt. Andere Schafe nehmen sich des Zöglings dann nicht an.

Sie erkennen nur ihren eigenen Nachwuchs an und erkennen ihn von der ersten Minute an, egal ob im kleinen Pferch oder später in der Herde. Zu Ostern werden viele Schafe schon verkauft. Private holen sich gern Lämmer als lebende Rasenmäher.

Der Großhandel möchte die Tiere mit etwa 40 Kilo schlachtreif. Doch die größte Bedeutung haben die Schafherden längst nicht mehr wegen Wolle, Fleisch oder Milch, sondern als Landschaftspfleger in Industrieparks, auf Flugplätzen, in der Heidelandschaft und auf Dämmen der Flüsse sowie in Solarparks. Das meiste an dem Beruf des Schäfers ist da Berufung, Passion, nicht Gelderwerb. Von 17 Schäfereien, die es einst im Altkreis Großenhain gab, gibt es heute noch Scheiders in Kalkreuth.

Mit 54 Jahren sind die Schneiders die jüngsten Schafhalter weit und breit. Keine guten Aussichten für Landschaftspflege und Umweltschutz, die doch stets angemahnt werden. Als ob das nicht schlimm genug wäre, ist es auch schwerer geworden, zu wandern. Nicht etwa weil die Landwirte etwas dagegen hätten, wenn die Herden zum Beispiel über die Wintersaaten ziehen wie einst. Es ist die Bürokratie, die es so schwierig macht. Die Landwirte müssten bei der Beantragung der EU-Prämien zu Jahresbeginn angeben, wann, wer mit wie vielen Tieren, über welches Feld zieht. „Das ist doch Unsinn“, findet Dieter Schneider.

Aufs Feld treibt Barabara Schneider ihre Tiere dennoch eine gute Stunde am Tag. Schwangerengymnastik nennt sie das und lacht. Auch bei den Minusgraden, Bewegung an frischer Luft und dann noch bei herrlicher Sonne tut Tier und Mensch gleichermaßen gut. Richtig hinaus geht es dann ab Mai, und zwar auf den Exer nach Großenhain. Dort haben Schneider einen Pflegevertrag. Der wird allerdings auch stetig neu ausgeschrieben. Für die einzige Schäferei im Umkreis ist er einmal mehr ein wichtiger Lebensraum, denn auf den Großenhainer Flugplatz können die Schäfer mit ihren Herden nun nicht mehr ziehen, weil Shelter abgerissen und Erdmassen ausgehoben werden.

Dabei ist es wichtig, zu ziehen. Schneiders nehmen dann ihre fünf altdeutschen Hütehunde mit, die sich wohl am meisten freuen, wenn es losgeht. Im Unterschied zu Herdenschutzhunden, die schon unter Schafen geboren werden, nie Fleisch zu fressen bekommen und auch als „Schafe“ in der Herde leben, damit sie sich gegen Fremde wie den Wolf verteidigen, müssen Hütehunde jetzt auf dem Hof und im Zwinger warten, bis es endlich Frühjahr wird. Vor ihnen sollen die Schafe den Respekt behalten, deshalb leben sie ein Leben als echte Hunde.

Respekt verdienen hier noch sechs ganz andere Gesellen – Eselhengste. Die fürchtet zwar kein Schaf, aber der Wolf findet sie wohl doch äußerst unangenehm. Dieter Schneider bestätigt jedenfalls, dass Emil und Spencer schon einmal einen Wolf in die Flucht geschlagen haben. Erstens, weil ein aufgeregtes Grautier einen Wahnsinnsradau macht, und was wirklich gefährlich ist – gern und fest zutritt. Das ist den meisten Wölfen zu nervig.