Von Lars Kühl
Die Konzertorgel ist die Krone. Sie wird dem Saal ganz langsam aufgesetzt. Zunächst verlegen Mitarbeiter der Firma Eule aus Bautzen im Saal seit Mitte Januar den Bodenrahmen, um sie zu tragen. In den nächsten Wochen folgen Holzpfeifen, Windbälge, Windladen, auf denen die Pfeifen stehen, und Windkanäle. Sie alle bilden die zehn Meter hohe und elf Meter breite „Königin der Instrumente“.
So bezeichnet Frauke Roth, die Intendantin der Dresdner Philharmonie und damit des Hauptmieters im umgebauten Kulturpalast, die Konzertorgel mit ihren 67 Registern. Nicht nur für Roth ist sie die Krönung. Doch zu einem unvergessenen Konzerterlebnis gehört mehr. Die besondere Akustik war am Dienstag vor Ort zu erahnen, dafür sorgen nicht nur die gefaltete Decke, auch die Stühle sind beispielsweise genauestens auf die Erfordernisse abgestimmt. Ihr Einbau hat begonnen. Um die endgültige Variante zu finden, waren sieben Testversionen nötig, erzählt Axel Walther, Chef des Bauherrn, der Kommunalen Immobilien Dresden GmbH & Co. KG.
Die Uhr tickt auf der Internetseite des Kulturpalastes sekündlich herunter. 79 Tage bleiben noch. Die nächsten Wochen bis zur Eröffnung am 28. April werden für die rund 200 Bauleute zur Herausforderung. „Wir müssen die verschiedenen Gewerke gleichzeitig koordinieren“, skizziert Walther die Aufgabe. Der Konzertsaal soll bis Ende März fertiggestellt sein. Die Orgel wird bis zur Eröffnung auch ihr Prospekt bekommen. Die über 4 000 Pfeifen müssen danach aber noch aufeinander abgestimmt werden. Diese Intonation, wenn die Orgel ihre Seele bekommt, erfolgt erst ab Juni in der Sommerpause. Die Weihe ist am 8. September mit der „Sinfonie der Tausend“ von Gustav Mahler geplant. Fünf Klangwerke bilden die moderne Konzertorgel, jedes mit eigenem Charakter: ein kraftvoller, führender Klangkern, dazu die Pedalklaviatur als anschmiegsames Bassfundament. Das zweite Werk fußt auf der Klangfarbe der deutschen Romantik, das dritte ist englisch und französisch orientiert, das vierte schließlich klingt nach englischer und amerikanischer Spätromantik. Diese Komposition wird es Holger Gehring und den anderen Organisten ermöglichen, Musikstücke einer großen Bandbreite zu spielen.
Allein die Orgel wird 1,4 Millionen Euro kosten, finanziert durch Spender aus der ganzen Welt. Die will Lutz Kittelmann vom Förderverein der Dresdner Philharmonie zur Weihe im September alle einladen. Er ist stolz, dass die Summe zusammengekommen ist. Die Kosten für den Umbau des Kulturpalastes schlagen bis jetzt mit knapp 96 Millionen Euro zu Buche, zuletzt gab es eine Erhöhung um sieben Millionen. Für verschiedenste Bereiche, unter anderem den Brandschutz. Auch für die Treppenaufgänge mussten 700 000 Euro mehr bezahlt werden, weil vor das denkmalgeschützte Geländer eine 1,10 Meter hohe Glaswand montiert werden musste – aus Sicherheitsgründen, wie Walther sagt. Der Abstand zwischen den Streben ist nach aktuellem Baurecht zwei Zentimeter zu groß.
Das Denkmalschutzamt hatte beim Umbau ein wichtiges Wort mitzureden. So wurde erreicht, dass die auffällige Modellgips-, kurz Mogi-, Decke im zweiten Obergeschoss, dem Bibliotheksbereich, nachgebaut wurde und original rekonstruierte, quadratische Leuchten bekam. In einem Lesesaal hängt zudem ein Teil der alten Kranich-Decke. Die Bibliothek ist der erste Gebäudeteil, der eingeräumt wird. Der Ausleih- und Rückgabetresen steht bereits. Diese Woche werden die Regale aufgestellt. Anfang März wird die Buchtransportanlage ausprobiert. Die Arbeiten im Foyer gehen ebenfalls zügig voran, Holzverkleidungen sind aufbereitet, Türen werden demnächst eingebaut und Bodenbeläge verlegt. Der neue Caterer bekommt noch seinen Ausschank. Seinen Namen will Walther bis jetzt nicht verraten. Nur so viel, es wird ein Dresdner. Die Bühne und das Parkett im Kellersaal für die Herkuleskeule sind fertig.
Jeden Tag wird die Baustelle wieder ein Stück mehr zum Kulturpalast. Die Heizungen laufen, die Aufzüge werden schon zum Transport für Baumaterial „zweckentfremdet“ und die Lüftungen werden bald in Betrieb gehen. Auch der Außenbereich mit seinen markanten Platten und Brunnen wird bis zur Eröffnung fertiggestaltet sein, verspricht Walther. Und noch etwas sagt er voraus. „Unser Saal wird nicht nur schöner als der in der Elbphilharmonie. Die Lüftung unter unseren Stühlen wird man, anders als in Hamburg, auch nicht hören.“