Dresden. Im Fall des Terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr hat die unabhängige Expertenkommission Pannen bei der sächsischen Polizei und Schwächen im Zusammenspiel von Bundes- und Landessbehörden ausgemacht. Bei der Festnahme Al-Bakrs habe es Kommunikationsdefizite gegeben, „möglicherweise auch fehlerhafte Einschätzungen bei der Zusammenstellung und bei der Qualität der Einsatzstäbe“, sagte der Vorsitzende der Kommission, der frühere Karlsruher Verfassungsrichter Herbert Landau, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die Zusammenarbeit im Terrorismus-Abwehrzentrum habe dagegen zuvor „hervorragend“ geklappt.
Er sehe aber keine „typisch sächsischen Schwächen“, sagte Landau, dessen vierköpfige, von der sächsischen Regierung eingesetzte Kommission ihren Bericht nach Möglichkeit noch vor Weihnachten in Dresden vorlegen will. Den Vorwurf des Staatsversagens, der nach der zunächst missglückten Festnahme und späteren Selbsttötung Al-Bakrs im Oktober erhoben worden war, nannte er „absolut überzogen“.
Al-Bakr war nach der gescheiterten Festnahme von Chemnitz nach Leipzig gefahren und dort von Landsleuten überwältigt und der Polizei übergeben worden. Zwei Tage später hatte er sich in der Untersuchungshaft mit dem T-Shirt seiner Anstaltskleidung an einem Zellengitter erhängt. In der Chemnitzer Wohnung fand die Polizei eineinhalb Kilo eines hochexplosiven Sprengstoffs, mit dem der Syrer nach Erkenntnissen der Ermittler einen Anschlag auf einen Berliner Flughafen verüben wollte.
Das neue Bedrohungsszenario des islamistischen Terrors „hat aber bei den Handelnden von Polizei und Justiz nach unseren Erkenntnissen offensichtlich Verunsicherung ausgelöst“, konstatierte Landau. Auch sei bei der Inhaftierung Al-Bakrs in der JVA Leipzig „die Fremdgefährdung der diensttuenden Beamten und der anderen Gefangenen offenbar höher eingeschätzt worden als die Suizidgefährdung des Häftlings“.
Landaus Ansicht nach hätte die Selbsttötung verhindert werden können, „wenn die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern noch besser zusammengearbeitet hätten“. Für ein Zentralgefängnis für Terroristen in Deutschland sehe er aber „keine Notwendigkeit und auch keine verfassungsrechtliche Grundlage“. Vielmehr müssten die Länder ihre Kooperation beim Einsatz von Fachpersonal verbessern.
Bislang habe die Kommission - der auch der frühere Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, die Psychologin und Ex-Leiterin der JVA Celle, Katharina Bennefeld-Kersten, und der frühere Inspekteur der Brandenburger Polizei, Jürgen Jakobs, angehören - über 50 Menschen angehört. Mehr Unterstützung wünschte sich Landau von den Bundesbehörden. „Wenn die Bundesbehörden noch etwas stärker kooperieren, lässt sich der allerdings sehr ehrgeizige Zeitplan vielleicht doch halten.“ (dpa)