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Panzer-Mike fährt ein

Der Großenhainer und zwei weitere Angeklagte wurden am Montag wegen der Festnahme eines Gerichtsvollziehers zu Haftstrafen verurteilt.

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Von Jürgen Müller

Die Vorgänge am 23. November 2012 im Radeburger Ortsteil Bärwalde, bei denen ein Gerichtsvollzieher des Amtsgerichtes Meißen von falschen Polizisten und Helfern verletzt, bedroht und festgenommen wurde, sind juristisch weitgehend aufgearbeitet. Am Montag wurden nach fast neunstündiger Verhandlung am Amtsgericht Meißen drei weitere Angeklagte wegen gemeinschaftlich begangener Freiheitsberaubung, gefährlicher Körperverletzung und des Missbrauchs von Titeln und Berufsbezeichnungen zu Haftstrafen verurteilt. Wie schon in allen anderen Fällen wurden die Strafen nicht zur Bewährung ausgesetzt. Angeklagt waren zwei 64 und 59 Jahre alte Männer aus dem Vogtland und ein 41-jähriger Großenhainer. Letzterer ist in der Szene auch als „Panzer-Mike“ bekannt.

Video für Schulungszwecke

Die beiden Vogtländer waren Gründungsmitglieder der „1. Vogtländischen Einheit“ des sogenannten Deutschen Polizeihilfswerkes (DPHW). Der „Chef“ hatte den Dienstgrad eines Oberfähnrichs, der andere war nur Hauptwachtmeister. Dies hätte sich nach den Dienstgraden bei der NVA gerichtet. Beide waren aus Lengenfeld angereist, um der Aktion beizuwohnen. Der 64-Jährige hat die gesamte Aktion gefilmt. Die Aufnahmen sollte für „Schulungszwecke“ des DPHW dienen.

Beide geben sich ahnungslos. Sie hätten sich das nur mal ansehen wollen. Beide betonen, keine „Reichsbürger“ zu sein, und beide wollen dem Polizeihilfswerk abgeschworen haben. Merkwürdig nur: Bei einem der beiden wurden drei Monate nach der Tat bei einer Wohnungsdurchsuchung Uniformen des DPHW, aber auch Ausweise und Handlungsanweisungen gefunden, bei dem anderen die Gründungsurkunde und „Belobigungsschreiben.“ .

Der Großenhainer hingegen will ganz zufällig in die Situation geraten sei. Er habe sich just bei einem der beiden, die gepfändet werden sollten, nach alternativen Heilmethoden und Yoga erkundigt. Dabei habe er erfahren, dass das DPHW eine Aktion plane und sei mitgegangen, um sich das bloß mal anzusehen. Das habe er aus „sicherer Entfernung“ auch getan. Tatsächlich hatte sich der bullige Mann an einem Eingangstor aufgebaut, um zu verhindern, dass der Gerichtsvollzieher flieht. Die beiden Vogtländer hatten Uniformen des Polizeihilfswerkes oder zumindest Teile davon an. Die waren Polizeiuniformen so täuschend ähnlich, dass selbst die eintreffenden richtigen Polizisten Mühe hatten, dies zu erkennen. Die Männer aus dem Vogtland glauben bis heute, dass sie rechtmäßig handelten. Weil Gerichtsvollzieher keine Beamten mehr seien, dürften sie auch keine hoheitlichen Pflichten des Staates ausüben, behaupten sie. Der Gerichtsvollzieher habe also Straftaten begangen, nicht sie. Denn sie hätten von dem Recht für jedermann auf vorläufige Festnahme Gebrauch gemacht. „Hätte er nicht versucht zu fliehen, wäre die Situation nicht eskaliert“, so der „Oberfähnrich“. Für den Staatsanwalt haben sich auch in diesem Verfahren die Vorwürfe erwiesen. Er fordert Haftstrafen zwischen einem Jahr und sechs Monaten und einem Jahr und acht Monaten. Dieses sollten allerdings zur Bewährung ausgesetzt werden, weil die Taten schon mehr als drei Jahre zurückliegen..

Konkreten Tatplan gehabt

Der Richter bleibt seiner bisherigen Linie treu. „Panzer-Mike“ bekommt ein Jahr und drei Monate, die beiden anderen je ein Jahr und neun Monate, alles ohne Bewährung. Die Angeklagten hätten ein Zeichen setzten wollen, um Gerichtsvollzieher zu verunsichern. Gemeinschaftliches Ziel sei es gewesen, die Zwangsvollstreckung zu stören und zu verhindern. Dies sei ein Angriff auf den Rechtsstaat gewesen. Man habe einen konkreten Tatplan gehabt: „Niemand fährt stundenlang durch die Gegend, um nur mal zu sehen, was passiert“, so der Richter. Außer dem Großenhainer habe keiner der Angeklagten Reue gezeigt.

Mittlerweile sind von 13 Angeklagten elf verurteilt worden. Normalerweise sollte am Dienstag auch ein weiterer Mann auf der Anklagebank sitzen. Er ist allerdings kurzfristig erkrankt. Wie seine Verteidigerin mitteilte, sei der 74-Jährige am Vortrag mit extrem hohem Blutdruck in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Der Mann hat Panik vor einer Haftstrafe. Die ist begründet, schließlich wurde er vom Amtsgericht Auerbach wegen unerlaubten Waffenbesitzes zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Vom Bericht der Ärzte wird nun abhängen, ob gegen ihn verhandelt oder das Verfahren wegen Verhandlungsunfähigkeit eingestellt wird. Verhandelt wird auf alle Fälle gegen Volker Schöne, den Chef der DPHW. Dieser hatte sich der Justiz durch Flucht entzogen und wurde vorige Woche gefasst. Derzeit sitzt er eine Ersatzfreiheitsstrafe wegen einer nicht bezahlten Geldbuße ab.