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Passantin von Trümmern erschlagen

In Pirna hat sich am Dienstagmorgen an einer Gebäuderuine ein tragischer Unfall ereignet. Die Stadt sah in dem Haus schon lange eine Gefahr.

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© Domokos Szabó

Von Daniel Förster

Pirna. Es geschah mitten im großen Regen, gegen 7.30 Uhr, direkt an der vielbefahrenen Bundesstraße B 172 in Pirna. Eine 56-jährige Frau war auf dem Gehweg an der Bushaltestelle Dresdner Straße von Mauerstücken eines Dachgesimses erschlagen worden. Die waren von der Fassade einer seit Jahren leer stehenden Gebäuderuine direkt auf den Bürgersteig gestürzt. Im gleichen Moment wurden mächtige Efeu-Ranken abgerissen, die an der Fassade des dreigeschossigen ehemaligen Mehrfamilienhauses hochgewachsen waren.

Tödlicher Unfall in Pirna am Dienstagmorgen

Vor der Ruine dieses einstigen Mehrfamilienhauses an der Dresdner Straße in Pirna wurde eine Frau am Dienstagmorgen von einem herabfallenden Stein getötet.
Vor der Ruine dieses einstigen Mehrfamilienhauses an der Dresdner Straße in Pirna wurde eine Frau am Dienstagmorgen von einem herabfallenden Stein getötet.
Ein Großaufgebot an Rettungskräften war am Dienstagmorgen zum Unfallort geeilt.
Ein Großaufgebot an Rettungskräften war am Dienstagmorgen zum Unfallort geeilt.
Die Pirnaer Feuerwehr war mit der Drehleiter am Unfallort.
Die Pirnaer Feuerwehr war mit der Drehleiter am Unfallort.
Die Polizei nahm noch am Morgen die Ermittlungen auf.
Die Polizei nahm noch am Morgen die Ermittlungen auf.
Die Ermittlungen zur Urache und zum Hergang des Unfalls werden noch einige Zeit in Anspruch nehmen.
Die Ermittlungen zur Urache und zum Hergang des Unfalls werden noch einige Zeit in Anspruch nehmen.
Das Mehrfamilienhaus ist seit Jahren unbewohnt. Der Dachstuhl und weite Teile des Obergeschosses waren vor vier Jahren bei einem Großfeuer zerstört worden.
Das Mehrfamilienhaus ist seit Jahren unbewohnt. Der Dachstuhl und weite Teile des Obergeschosses waren vor vier Jahren bei einem Großfeuer zerstört worden.

Passanten hatten das Drama bemerkt und die leblose Frau in den Trümmerteilen entdeckt, teilte die Polizei mit. Notarzt und Rettungsdienst wurden alarmiert, Feuerwehr und Polizei eilten zum Unglücksort. Für die Frau kam aber jede Hilfe zu spät. Sie wurde von den herabfallenden Fassadenteilen so stark getroffen, dass sie dabei tödliche Verletzungen erlitt. Die Einschläge der abgestürzten Teile waren so massiv, dass auch ein Müllkorb aus Stein und die Bank für die Wartenden an der Bushaltestelle in viele Teile zerbarsten. Unklar war zunächst, ob die Frau an der Haltestelle des Linienbusses H/S Richtung Sonnenstein auf den Bus gewartet hatte oder ob sie in dem Augenblick nur zufällig dort vorbeigelaufen war.

Haus vor sechs Jahren durch Brand beschädigt

Wie sich das Mauerwerk von der Fassade lösen konnte, ist jetzt Gegenstand der Ermittlungen. Die haben Kriminalisten sofort vor Ort aufgenommen. Von einer Arbeitsbühne aus wurde das marode ach von oben untersucht. Für die Ermittlungen wurde der Haltestellenbereich weiträumig abgesperrt. Stundenlang war nur eine Fahrspur auf der B 172 befahrbar. Das Mehrfamilienhaus direkt neben der Lidl-Kaufhalle ist seit Jahren unbewohnt. Der Dachstuhl und weite Teile des Obergeschosses waren am im Sommer 2009 bei einem Großfeuer zerstört worden. Seitdem ist an der Ruine offensichtlich nichts mehr passiert. Zum Schutz der Vorbeigehenden wurde lediglich ein Bauzaun rings um das Grundstück aufgestellt. Die Trümmerteile sind jedoch über diesen hinweg auf den Gehweg gestürzt. Ob dabei die Pflanzen eine Rolle gespielt haben, ist auch Gegenstand der Untersuchungen.

Nach dem tragischen Unfall hat die Stadtverwaltung Pirna sowohl den Haltestellenbereich als auch den Gehweg vor der Ruine sperren lassen. Laut Stadtsprecher Thomas Gockel soll die Sperrung vorerst eine Woche dauern. Sobald das Gebäude von den Ermittlern freigegeben ist, will die Stadt gemeinsam mit Statikern und Bauexperten überprüfen, welche Gebäudeteile abgerissen werden müssen. „Wir wollen dort recht schnell instabile Teile abbrechen lassen, damit von dem Gebäude keine Gefahr mehr ausgeht“, sagt Gockel. Schon am Nachmittag rückte dann ein Bagger an, der Teile der wackligen Fassade eingerissen hat, um weiteren Abbrüchen vorzubeugen. Die Haltestelle wurde jetzt 50 Meter Richtung Sonnenstein verlegt.

Stadt fordert von Eigentümerin Sicherung des Gebäudes

Die Kosten für diese Sicherung des Geländes, die Pirna zunächst übernimmt, stellt die Stadt der Eigentümerin des Hauses später in Rechnung. Ebenso wird Pirna die Besitzerin auffordern, die Brandruine vollständig abzureißen, wie es weiter hieß. Aufgrund des desaströsen Zustandes des einstigen Mehrfamilienhauses an der B 172 hatte Pirna die Eigentümerin in der Vergangenheit schon mehrfach aufgefordert, das Gebäude zu sichern. Weil nichts passierte, griff das Rathaus bereits einige Male ein. So ließ Pirna unter anderem Fenster zumauern, lose Simse entfernen und nach dem Brand 2009 den Bauzaun um das Haus aufstellen. „Umso bedauerlicher ist es, das jetzt dieser tragische Unfall passierte“, sagt Gockel.

Warum steht ausgerechnet hier eine Haltestelle? Wo eine Bushaltestelle eingerichtet wird, das entscheidet die jeweilige Kommune. „Darauf haben wir keinen Einfluss“, sagt Uwe Thiele, der Geschäftsführer der Oberelbischen Verkehrsgesellschaft. Sein Unternehmen sei nur dafür zuständig, das Haltestellenschild aufzustellen und den Fahrplan auszuhängen. Für die jeweilige Lage einer Haltestelle gibt es eine verkehrsrechtliche Anordnung der Kommunen, so auch in diesem Fall in Pirna. (mit SZ/mö/gk)