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Pferderanch nimmt die ersten Hürden

Für Projekte am Berzdorfer See braucht es oft einen langen Atem. Das musste auch Familie Thiel erfahren, die in Hagenwerder ein Grundstück kaufte und große Pläne hat.

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© C. Junghanß

Von Daniela Pfeiffer

Görlitz. Nervenaufreibende Monate liegen hinter Marianne und Alexander Thiel. Mit einem Traum waren sie vor einem reichlichen Jahr an den Berzdorfer See gekommen. Nicht direkt ans Wasser, aber nur wenige Hundert Meter entfernt. Am See heißt die Straße gleich am Ortseingang in Hagenwerder, wenn man aus Richtung Görlitz kommt. Hier hatte das junge Ehepaar ein früheres Fabrikgelände gekauft, mit dem Traum, hier selbst zu wohnen, unterzuvermieten und letztlich auch eine Pferderanch zu betreiben. Das ist vor allem Marianne Thiels Wunsch, schon seit sie ein junges Mädchen war.

Viele Monate und etliche langwierige Gespräche und Verhandlungen später weiß sie: Das hat sie sich einfacher vorgestellt als gedacht. Denn es gab mehrere Probleme, die den Traum fast platzen ließen. Das schwerwiegendste: Es fanden sich keinerlei Unterlagen von früher, die belegten, dass hier vor den Thiel bereits andere Leute gewohnt hatten. Denn das Grundstück liegt im Außengelände. Hier darf man nicht ohne Weiteres hinziehen. Hartmut Wilke vom Amt für Stadtentwicklung erklärt: „Funktionen im Außenbereich haben nur dann Bestandsschutz, wenn die Nutzung – also hier das Wohnen – schon einmal genehmigt worden ist.“ Aber das konnte Familie Thiel zunächst nicht nachweisen. Nun wollte die Stadt das Ehepaar und ihre beiden Kinder natürlich nicht gleich vor die Tür setzen und bat sie, zu recherchieren, ob sich nicht doch etwas Schriftliches findet. Doch offenbar hatten die Vorbesitzer von Gelände und Fabrik, die im Volksmund als „Eiweißbude“ bekannt war, keine Unterlagen weitergereicht. Allerdings konnten ältere Bürger von Hagenwerder bestätigen, dass hier auch früher schon Leute gewohnt hatten.

Zugleich begann man auch im Technischen Rathaus zu suchen. „Wir haben im Bauakten-, im Rats-, wie auch im Verwaltungsaktenarchiv gesucht, doch nichts dazu finden können“, so Hartmut Wilke. Im Zuge der Eingemeindung der Ortschaft nach Görlitz könnten Unterlagen verloren gegangen sein, so eine Vermutung. „Aber auf zwei interessante Fakten sind wir bei den Recherechen dennoch gestoßen“, berichtet Hartmut Wilke: eine alte Einwohnerliste, die bewies, dass es seit Ende der 1970-er Jahre tatsächlich eine dauerhafte Wohnnutzung gegeben hatte.

Endlich fanden sich Hinweise

Zum anderen eine alte Ortschronik, in der sich bei den Jahren 1978-79 ein Eintrag fand, dass das Gebäude zum Wohngebäude umgebaut worden sei. „Damit hatten wir zwei schriftlich handhabbare Dokumente“, sagt Hartmut Wilke. „Plus die mündliche Aussage eines früheren Bürgermeisters.“ Diese Dokumente tauchten erst im späten Herbst auf. Bis dato hatte die Stadt lediglich geduldet, dass die Familie in das Haus eingezogen war. Inzwischen gibt es grünes Licht, die Stadt hat den Bestandsschutz akzeptiert. Und auch die Untervermietung einer Ferienwohnung ist kein Problem. Denn das Gebäude ist sehr groß, für eine Familie allein.

Doch Marianne Thiel will mit ihrer Familie auf ihrer Ranch am See nicht nur schön wohnen. Kindern die Pferde näher bringen, Reitbeteiligungen, Kindergeburtstage, irgendwann auch Reiterferien – das stellt sich die junge Frau vor. Konzepte dafür hat sie schon erarbeitet. Aber die müssen wohl noch ein Weilchen in der Schublade bleiben, bis Marianne Thiel richtig loslegen kann. Ein bisschen hat sie das zwar schon getan, einige kleinere Veranstaltungen gab es hier schon. Aber auch hier muss die Stadt den Tatendrang von Marianne Thiel etwas ausbremsen, zurzeit ist nur Haustierhaltung gestattet. Alles andere wäre eine touristische und gewerbliche Nutzung. Dazu gibt es aber keinen Bestandsschutz, auch wenn in der Fabrik früher mal produziert und damit ein Gewerbe betrieben wurde. „Hier ist der Weg komplizierter und führt nur über einen Bebauungsplan“, erklärt Hartmut Wilke. Diesen Weg will das Ehepaar Thiel nun gehen, auch wenn es sie viel Geld kostet. Und das zu dem hinzukommt, was sie bereits in das Grundstück und die Sanierung von Gebäudeteilen gesteckt haben. Im Detail will sich die Familie derzeit nicht äußern, zu kostbar ist ihnen das Erreichte. Das B-Plan-Verfahren, das noch kompliziert genug ist, wollen sie erst einmal hinter sich bringen. Dabei werden, wie das so üblich ist, auch Nachbarn und See-Anrainer befragt. Entscheiden wird letztlich der Planungsverband.

Erleichtert darüber, dass sich Familie und Stadt nun auf einen Weg geeinigt haben, zeigt sich auch die Europastadt Görlitz-Zgorzelec GmbH, die laut Geschäftsführerin Andrea F. Behr jede weitere Entwicklung am See ausdrücklich begrüßt und unterstützt, um ihn für Touristen und Einheimische noch attraktiver zu machen. „Wir freuen uns ganz besonders, wenn junge Leute damit auch ihre berufliche Zukunft in der Region verbinden. Der anstehende Antrag auf Aufstellung eines Bebauungsplans werde sehr wohlwollend von allen Partnern begleitet werden“, verspricht Frau Behr.