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Pflücken vor der Haustür

Nicht aus Polen oder Südtirol, sondern von Reichenbacher Flur kommen Geislers Äpfel – das ist in diesem Jahr ein Glücksfall.

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© Claudia Hübschmann

Von Udo Lemke

Klipphausen. Wovon Steffen Geisler spricht, davon können viele seiner Kollegen in diesem Jahr nur träumen: „Wir sind super durchgekommen, wir haben überhaupt keine Frostschäden.“ Weil Geislers Obstbaumplantagen nicht im Tal liegen, wo im Frühjahr Spätfröste die Obstbaumblüte zu großen Teilen zerstört hatten, sondern an den Hängen, sind er und seine Tochter Sandra glimpflich davongekommen. Seit Anfang Juli arbeiten sie nicht nur zusammen, sondern haben mit der Meissner Obstgarten Geisler GbR auch eine gemeinsame Firma.

Weil das Angebot geringer als sonst ist, können die Geislers in diesem Jahr Preise erzielen, die mehr als kostendeckend sind und die Hoffnung leben lassen, dass Obstbau in der Region ein Geschäft ist, das seine Betreiber leidlich ernährt. Allerdings funktioniert das auch nur deshalb, weil sich die Geislers für die Direktvermarktung ihres Obstes – neben Äpfeln, sind das Aprikosen, Birnen, Sauer- und Süßkirschen sowie Pflaumen – entschieden haben. „Bei den Preisen, die der Lebensmittelhandel zahlt, müssten wir das Doppelte an Anbaufläche haben oder wesentlich höhere Erträge pro Baum erzielen.

Gegen beides haben sich die Geislers entschieden. Es bleibt bei 20 Hektar Apfelplantagen. Und auch die Bäume werden so geschnitten bzw. ausgelesen, dass jeder von ihnen nur zehn bis zwölf Kilogramm Äpfel trägt. Dieses Auf-die-Bremse-Treten hat allerdings zwei wesentliche Effekte. Erstens „haben wir eine Bombenqualität bei den Äpfeln“. Und zweitens kann so die Alternanz der Apfelbäume ausgeschaltet werden. Das heißt, die alte Redewendung, dass ein Apfelbaum in einem Jahr viel trägt und im nächsten fast nichts, weil er sich gleichsam ausruht, nicht gilt. Die Bäume bei Geislers werden so erzogen, dass sie jedes Jahr gleichmäßig tragen, zwar nicht so viel wie möglich, aber so viel als nötig.

Insgesamt zwanzig verschiedene Apfelsorten werden um Reichenbach und Scharfenberg angebaut. Auf einem Hektar – also einer Fläche von hundertmal hundert Metern – stehen dabei etwa 3 000 Bäume. Keine Hochstämme, sondern sogenannte Spindeln. Diese lassen sich vom Boden aus pflücken, tragen ab einer Höhe von etwa 60 Zentimetern bis 220 Zentimetern. Der Hektarertrag von rund 35 Tonnen beträgt gerade einmal die Hälfte von dem, auf was italienische Obstbauern kommen können.

Aber die Gründe sind klar – siehe oben. „Wir pflanzen ständig nach“, nennt Steffen Geisler einen weiteren Grund für die relativ niedrigen Hektarerträge. Denn gerodete oder frisch angelegte Flächen bringen keinen oder nur einen geringen Ertrag. Abziehen von den 20 Hektar Apfelplantagen muss man auch die teils großzügigen Wege, die es den Mitarbeitern des Obstgartens und den vielen Selbstpflückern ermöglicht, mit dem Auto zwischen die Baumreihen zu fahren. Die Selbstpflücker, so Steffen Geisler, kommen nicht nur aus der nächsten Umgebung, sondern auch aus Dresden Freital, ja selbst aus Chemnitz.

Insgesamt ernten die Geislers rund 700 Tonnen Äpfel im Jahr. Davon werden etwa 400 verkauft an Mostereien, Großvermarkter und natürlich über den Hofladen. Der Rest wird eingelagert, sodass die Kunden auch den Winter und das Frühjahr nach Reichenbach kommen und kaufen können. Dass der Hofladen ein bisschen abseits liegt – zwei Kilometer von der S 177 entfernt, ist auch Steffen Geisler bewusst. Aber er hat nun mal keinen anderen. Aber er denkt, „dass die Leute ganz gern zu uns kommen“.

Apfelselbstpflücke ist noch die beiden kommenden Wochenenden jeweils von Freitag bis Montag, jeweils von 8 bis 16 Uhr möglich. Adresse: Meissner Obstgarten Geisler, 01665 Klipphausen, Ortsteil Reichenbach Nr. 7, Telefon: 03521 453377