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Das falsche Haus

Wenn man sich beim Dorfrundgang mit dem Bürgermeister unterhält, ist das Fettnäpfchen nicht weit. Ein Beitrag zum Jubiläum 75 Jahre Sächsische Zeitung.

Von Heike Sabel
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© Daniel Förster

Es war Anfang der 1990er Jahre. Mit dem Fotografen war ich in Oelsen unterwegs. Mit dem Bürgermeister. Wir liefen durch das Dorf. Er erklärte uns dies und das. Der Fotograf fotografierte, ich fragte und gemeinsam machten wir so unbefangen unsere Bemerkungen über das, was uns gefiel und auch das, was uns nicht so gefiel. Natürlich hatten wir gut reden. Kein Haus kam ohne unseren Kommentar davon. Der Bürgermeister sorgte für die entsprechenden sachlichen Informationen und wusste auch viel aus der Geschichte zu erzählen.

Dann kamen wir an einem Haus vorbei, dass uns irgendwie gar nicht gefiel. Ich weiß nicht mehr, ob es die Farbe war oder die Fenster oder beides. Jedenfalls bemerkten wir zu spät, dass der Bürgermeister sich an unserem Gespräch nicht mehr beteiligte. Den Grund nennt man Fettnäpfchen: Es war sein Haus.

Dankbar für so viele Geschichten

Die schönsten Erinnerungen sind die an die Begegnungen mit so vielen ganz unterschiedlichen Menschen. Immer wieder und immer bin ich dankbar für den schönsten Job der Welt. Ich kann die Leute ausfragen, sie erzählen mir ihre Geschichten und haben Vertrauen – und oft kann ich etwas ausprobieren oder entdecken. Daran denke ich, wenn ich mal wieder als der "dümmste Schmierfink" beschimpft werde,

Ob es die Wäscherinnen auf dem Pirnaer Sonnenstein waren, mit denen ich eine (halbe) Schicht arbeitete, als Beifahrer in einem Oldtimer oder die Männer der Müllabfuhr, mit denen ich herumfuhr. Und ich fuhr nicht nur mit, ich packte auf der Sperrmülltour auch mit an. Deshalb trug ich eine orange Weste. Während ich irgendetwas in hohem Bogen ins Müllauto warf, hörte ich einen älteren Mann im Vorbeigehen zu seiner Frau sagen: „Ne, dass das heute auch schon Frauen machen müssen.“