Es ist vollbracht - nachdem die Weintrauben von den Elbhängen in Pirna und Pillnitz den ganzen Sommer hindurch am Sonnenbaden waren, sind sie nun abgeerntet. Wolfgang Winn von den Pirnaer Weinfreunden, der das ganze Jahr über viele Stunden seiner Zeit in die Pflanzen investiert hat, konnte sprichwörtlich die Früchte seiner Arbeit ernten. Nun geht es für die Trauben in die Weiterverarbeitung. Der Winzer erzählt Sächsische.de, was den Wein aus dem Jahr 2020 besonders macht.
Längere Trockenperioden erübrigen Pflanzenschutz
"Wir hatten zum wiederholten Mal einen sehr warmen und sonnenreichen Sommer", sagt Winn. In Kombination mit wenig bis beinahe ausreichend viel Niederschlag, der in Pirna üppiger ausfiel als in Pillnitz, erreiche man bei den meisten Sorten die gleiche Weinmenge wie im Jahr 2019. Beim Thema Pflanzenschutz könne man in diesem Jahr auch zufrieden sein, denn aufgrund der längeren Trockenperioden musste weniger benutzt werden als gewöhnlich. Zusätzlich positiv für die Reben ist, dass vor allem die Pirnaer Lage im Frühling kaum von Spätfrosten betroffen war.
Das Wetter ist für die Weinbranche jedes Jahr aufs Neue eine Art Glücksspiel. Dieses Jahr lief es recht gut. Man sollte aber immer damit rechnen, dass es zu lokalen Wetterkapriolen kommt. "Da muss man als Winzer ein wenig Glück haben", sagt Winn.

Es kommt auf den Zeitpunkt der Lese an
Doch nicht das Wetter allein bestimmt die Qualität des Weins. Laut Wolfgang Winn wird für Winzer die Bestimmung des Lesezeitpunkt der unterschiedlichen Sorten immer wichtiger, denn damit lässt sich Einfluss auf das Säure/Oechsle-Verhältnis der Trauben nehmen. Die Oechsle-Werte geben das Mostgewicht des Traubenmostes an. Je höher der Oechsle-Wert und damit der Zuckergehalt ist, desto mehr Alkohol kann aus dem Most entstehen.
Winn, der selbst ein 1961er Jahrgang ist, arbeitet hauptberuflich als Führungskräftecoach. Erst im Jahr 1996 begann er mit dem Weinanbau. Damals hat ihn eine befreundete Hobbywinzerin eingeladen, sich einmal die Verarbeitung des Weins anzuschauen, woraufhin er entschied, selbst einzusteigen. Anfangs in Pillnitz, später auch in Pirna ist er auf gepachteten Weinhängen als leidenschaftlicher Winzer tätig.
Große Vielfalt von Dornfelder über Elbling bis Scheurebe
"Durch intensive Reduzierung der Ernte im August erreichen wir eine hohe Qualität", erklärt er. Reduzieren bedeutet hier, dass einige der Trauben gepflückt werden, damit die verbleibenden besser reifen können. Dadurch erzielt Winn zwar einen Ertrag, der weit unter dem liegt, was er rausholen könnte, aber das ist es ihm wert.
Der diesjährige Wein erreicht durchgängig Oechsle-Werte, die für Prädikats- und Qualitätsweine reichen. Das fertige Getränk aus dem Jahrgang 2020 wird voraussichtlich durch einen nicht allzu hohen Säureanteil und mehr Alkohol und Restzucker bestechen. Laut Winn sind gute Weine im Bereich Qualitätswein bis Spätlese zu erwarten.
In der Parzelle Schlossblick Pirna wird es die Unikatsweine Goldriesling, Müller Thurgau, Scheurebe, Spätburgunder Rosé, Dornfelder Rosé und Elbling zu kaufen geben. In der Pillnitzer Parzelle Königlicher Weinberg gibt es Grauburgunder, Weißburgunder, Traminer, Spätburgunder Rot und Rosé sowie Morio Muskat.
Die geringen Säure- und pH-Werte im Most haben einen negativen Einfluss auf die mikrobiologische Stabilität, also auf die Haltbarkeit, des Weins. Diesem Problem wirken viele Winzer mittels kellertechnischer Eingriffe entgegen - aber nicht Winzer Winn. Er schwört auf die Naturbelassenheit seines Weins. Ihm sei wichtig, "den Charakter des Sommers in der Flasche zu spüren, ohne den Wein ,hinbiegen' zu wollen". Dass sein Wein dadurch nicht für die Ewigkeit gemacht wird, nimmt er dafür gerne in Kauf. Sächsischer Wein sollte sowieso jung getrunken werden, sagt er.

Zum Wein gibt es den Wanderweg in Pirna
Von seinen Weinfeldern wird es aus der Saison 2020 rund 2.500 Flaschen geben - knapp 1.500 davon aus Pirna. Nach der Jungweinprobe im Mai wird der Wein bei ihm direkt und ausgesuchte Sorten in der Weinhandlung Barrique im alten Bahnhof Pirna und in Hesses Weindeli in Pillnitz zu kaufen sein.
Eines der Projekte des Pirnaer Weinfreunde e.V., dem Wolfgang Winn angehört, ist das sogenannte Pirnaer Weinviertel. Das Ziel dieser Initiative ist es, die traditionsreiche, bis ins 16. Jahrhundert zurückreichende Geschichte des Weinanbaus in Pirna wieder aufleben zu lassen und bekannter zu machen. Zu diesem Zweck haben Sie einen rund vier Kilometer langen Rundwanderweg aufgebaut, der Interessierte vorbei an Weinbergen und Gaststätten führt und ihnen ganz nebenbei die Geschichte des Weins vermittelt.
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