Von Friederike Hohmann
Zwei Autos stehen an der Ampelkreuzung Dresdner Straße Ecke Dippoldiswalder Straße in Pirna. In der rechten Spur macht sich ein schwarzer Alfa Romeo bereit, in der linken ein silberner Seat. Als die Ampel auf Grün springt, brettert der Alfa los. Der Seat bleibt noch stehen, sein Fahrer scheint abgelenkt zu sein. Doch plötzlich tritt auch er aufs Gas, beschleunigt sehr stark. Zügig ist er bei 60 Stundenkilometern, gleich sind es 70 km/h.
Was beide Autofahrer nicht wissen: Hinter ihnen steht ein weißer Mercedes Sprinter mit zwei Polizisten an Bord. Sie stellen Blaulicht und Sirene an und versuchen dranzubleiben. Das ist nicht so einfach, denn die Ordnungshüter haben in ihren nicht als Polizeiauto erkennbaren Wagen schwere technische Geräte geladen.
Gerast oder illegales Rennen?
Der Seat-Fahrer beschleunigt weiter, kommt nach wenigen Hundert Metern auf Tempo 110. Dann bremst er plötzlich ab und fährt rechts ran. Der Polizei-Sprinter stellt sich davor. Die Beamten wollen die Personalien des Fahrers aufnehmen. Fahren mit überhöhter Geschwindigkeit ist schließlich eine Ordnungswidrigkeit.
Als sie aussteigen bemerken sie, dass der Alfa, der ebenfalls an der Ampel gewartet hatte, auch am Straßenrand hält. Auf dessen Fahrer hatten es die Polizisten gar nicht abgesehen. Offensichtlich hat der sich aber auch durch Martinshorn und Blaulicht angesprochen gefühlt. Er gibt dann sogar schuldbewusst zu, dass er mal wissen wollte, was der Motor seines Wagens so hergibt.
Beide Fahrer bekommen bald Post von der Polizei, der sie mit dem Vorwurf konfrontiert, sich ein verbotenes Kraftfahrzeugrennen geliefert zu haben. Seit 2017 gilt das als Straftat, die mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren geahndet werden kann. Dem Alfa-Fahrer Daniel K. wird es nun mulmig. Aber sein Chef hat einen Bekannten, der weiß Rat. In der schriftlichen Beschuldigtenvernehmung müsse man betonen, dass sich beide Fahrer gar nicht kennen. Dann könne es ja auch gar kein Rennen gewesen sein. Also wird ein Schreiben verfasst, dass dies, sprachlich äußerst ungeschickt formuliert, zum Ausdruck bringen soll. Seat-Fahrer Andre K. kennt sich mit den Paragrafen auch nicht so gut aus. Deshalb lässt sein Kumpel Daniel K. ihn seine Stellungnahme einfach abschreiben. Ausgetauscht werden nur die Personalien.
Führerschein war schon lange weg
Auch wenn sich beide Männer damit selbst überführen, wird das Strafverfahren gegen Daniel K. eingestellt. Wie schnell er tatsächlich an diesem Sonntagabend Mitte Mai 2020 gefahren war, hatten die beiden Dresdener Polizisten nicht beobachtet und dokumentiert.
Andre K. hat dagegen weniger Glück. Er muss sich vor dem Amtsgericht in Pirna verantworten. An seine Fahrweise können sich die beiden als Zeugen geladene Polizisten gut erinnern. Schließlich war die Verfolgungsjagd mit einer Geschwindigkeit von bis zu 110 Stundenkilometern im innerstädtischen Bereich von Pirna auch für sie nicht ungefährlich.
Nach der Beweisaufnahme meint die Richterin allerdings, dass die Raserei von Andre K. nicht für eine Verurteilung ausreicht. Er hatte von der Ampel bis zum Halt lediglich eine Strecke von etwa 500 Metern mit erhöhter Geschwindigkeit zurückgelegt. Sie schlägt die Einstellung des Verfahrens gegen eine Zahlung von 600 Euro vor. Das entspricht etwa dem Bußgeld, das ansonsten fällig gewesen wäre. Der Staatsanwalt stimmt dem Vorschlag zu. Andre K.s Führerschein war schon vor Monaten wegen des Tatvorwurfs des illegalen Rennens eingezogen worden. Er darf nun einen neuen beantragen.
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