SOE: Landrat erstattet Anzeige gegen Kreissportbund-Chefs
Eine Untersuchung hat die Vorwürfe um Personal, Dienstautos und angebliche Zweckentfremdung von Geldern bereits entkräftet. Vom Tisch sind sie aber nicht.
Ein anonymes Schreiben hat beim Kreissportbund Sächsische Schweiz-Osterzgebirge ein Beben ausgelöst. Auf zweieinhalb Seiten rechnet der Briefschreiber, offenkundig ein Insider, mit mehreren Führungskräften des KSB ab. Unter anderem wird dem scheidenden KSB-Geschäftsführer Dietmar Wagner vorgeworfen, seine Nachfolge in einem fragwürdigen Verfahren selbst geregelt zu haben. Auch geht es um eine angeblich nicht regelkonforme Nutzung von Dienstfahrzeugen und eine vermeintliche Quersubventionierung des Bobteams Friedrich mit Geldern, die für den Breitensport vorgesehen waren.
Ein Teil des KSB-Vorstandes fühlte sich alarmiert von den Vorwürfen, ging selbst an die Öffentlichkeit und initiierte eine unabhängige Untersuchung, um Schäden vom KSB abzuwenden und den eigenen Ruf zu verteidigen. Andere Teile des Vorstandes und des Präsidiums hätten dagegen die Öffentlichkeit aus der Sache am liebsten herausgehalten. Doch das ging nicht: Der Brief ging nicht nur an Sachsens Sportminister Roland Wöller und Landrat Michael Geisler (beide CDU) sowie an die Fraktionen des Pirnaer Kreistages, sondern auch an den Landessportbund und an die Presse.
Mittlerweile liegt das Ergebnis der Untersuchung vor, mit der eine Rechtsanwaltskanzlei in Dresden beauftragt wurde. Auf 15 Seiten kommen nun die Juristen zu dem Schluss, dass keine der Behauptungen substanziell sei und sich halten lässt. Doch damit ist die Sache nicht vom Tisch. Landrat Michael Geisler hat auf der jüngsten Kreistagssitzung mitgeteilt, er haben gegen Vorstand und Geschäftsführung des KSB Strafanzeige erstattet. Das bestätigte Geislers Sprecher, Thomas Kunz, auf SZ-Anfrage. Zunächst habe der Landrat aufgrund des anonymen Schreibens mit dem Polizeirevier Pirna Rücksprache genommen und wandte sich dann an die Staatsanwaltschaft Dresden.
Oberstaatsanwalt Jürgen Schmidt bestätigte gegenüber der SZ, dass eine entsprechende Anzeige eingegangen sei. "Die Ermittlungen dauern an und werden einige Zeit in Anspruch nehmen. Weitergehende Angaben sind derzeit im Hinblick auf die laufenden Ermittlungen nicht möglich", so Schmidt. Unbeantwortet blieb die Frage, ob auch andere Strafanzeigen zu diesem Komplex vorliegen.
So spricht etwa KSB-Präsidiumsmitglied Klaus Brähmig übereinstimmend mit KSB-Vize-Präsidenten Volker Hegewald von Denunziation mit Blick auf das anonyme Schreiben. Auf die Frage, ob der Urheber etwa wegen Verleumdung angezeigt werde, gibt es aber unterschiedliche Angaben. Während sich Brähmig dies vorstellen kann, hält etwa Präsidiumsmitglied Kati Kade nichts davon.
Die Vorwürfe und das Untersuchungsergebnis
Vorwurf: In der KSB-Geschäftsstelle sei die Corona-Schutzverordnung außer Acht gelassen worden.
Ergebnis: Es liegen keine Erkenntnisse vor, dass die Corona-Schutzvorschriften auf der Geschäftsstelle nicht eingehalten worden wären.
Vorwurf: Durch zwei Olympia-Feiern im Bootshaus Pirna sei der Sohn des Geschäftsführers unter Nichtbeachtung der Corona-Vorschriften subventioniert worden.
Ergebnis: Es gibt keine vertragliche Beziehung zwischen dem KSB und dem Bootshaus zur Anmietung der Räumlichkeiten, allerdings hat der KSB die Kosten der Bewirtung getragen. Eine Subventionierung zugunsten des Sohnes des Geschäftsführers lässt sich nicht feststellen, da die finanziellen Aufwendungen in Höhe von 2.068,90 € den tatsächlich verbrauchten Speisen und Getränken entsprachen. Die Einhaltung der Corona-Schutzvorschriften anlässlich der Veranstaltung könne durch die Kanzlei nicht geprüft werden.
Vorwurf: Präsident Roland Matthes habe das Präsidentenbüro für private berufliche Versicherungstätigkeit genutzt.
Ergebnis: Anhaltspunkte für eine private berufliche Tätigkeit als Versicherungsmakler oder Finanzdienstleister in den Räumen des KSB konnten nicht festgestellt werden. Auch gab Matthes an, seine berufliche Tätigkeit als Finanzdienstleister bereits vor 15 Jahren beendet zu haben.
Vorwurf: Präsident Roland Matthes habe sich tägliche Fahrten zwischen seinem Wohnsitz und der KSB-Geschäftsstelle erstatten lassen.
Ergebnis: Aus den Reisekostenabrechnungen konnten tägliche Fahren von Bad Schandau nach Pirna nicht festgestellt werden und sind auch nicht abgerechnet worden.
Vorwurf: Präsident Roland Matthes hat ein ihm später zur Verfügung gestelltes Dienstauto seiner Frau zur Nutzung überlassen haben.
Ergebnis: Fotos sollen den Vorwurf belegt haben. Aufgrund dieser Fotos ist 2019 ein Kfz-Überlassungsvertrag vereinbart worden. Infolge eines anonymen Hinweises zu weiteren Verstößen fand im Juli 2021 ein Auswertungsgespräch bei Landrat Michael Geisler statt, in dem nochmals die Verpflichtung zur alleinigen Nutzung durch den Präsidenten thematisiert wurde. Seit diesem Zeitpunkt sind keine weiteren Verstöße durch den Präsidenten bekannt.
Vorwurf: Präsident Roland Matthes habe bei Sportveranstaltungen, u.a. beim Festungslauf kostenfrei Speisen und Getränke konsumiert.
Ergebnis: Hierzu liegen keine Erkenntnisse vor. Beim Festungslauf war der Präsident als Ehrengast eingeladen. Dies entspricht den üblichen Gepflogenheiten im Ehrenamt.
Vorwurf: Vize-Präsident Volker Hegewald soll einen gebrauchten VW-Kleinbus unter dem Schätzwert vom KSB erworben haben.
Ergebnis: Hegewald kaufte den VW T4 2015 für 9.000 Euro. Die Wertschätzung des Autohauses von damals ist nicht mehr auffindbar. Ein DAT-Bewertungsgutachten vom März 2022 kommt mit Blick auf einen Karosserieschaden und die Beklebung des Autos mit Werbung auf einen Händlerverkaufswert von 9.025 Euro.
Vorwurf: Vize-Präsident Volker Hegewald soll Pool-Fahrzeuge angemietet und privat genutzt haben.
Ergebnis: Eine Anmietung für private Zwecke fand nicht statt. 2019 wurde eine Reservierung fallen gelassen und 2020 war geplant, Sportler des von ihm geleiteten Gymnasiums zu transportieren. Dies fand aber wegen Corona nicht statt. Hegewald brachte das Fahrzeug von Dippoldiswalde nach Pirna zurück. Auf eine Bezahlung wurde einvernehmlich verzichtet.
Vorwurf: Der KSB hätte die Selbstbeteiligung nach einem Unfall mit einem Pool-Fahrzeug übernommen, in den Vize-Präsident Volker Hegewald verwickelt gewesen sein soll. Auch sollen die in der Folge gestiegenen Versicherungsprämien vom KSB getragen worden sein.
Ergebnis: Der KSB hat weder für Volker Hegewald eine Selbstbeteiligung noch eine erhöhte Versicherungsprämie infolge eines Unfalls getragen. Hegewald verursachte keinen Unfall mit Fahrzeugen des KSB.
Vorwurf: Vize-Präsident Frank Hering habe Pool-Fahrzeuge kostenlos für einen privaten Umzug genutzt.
Ergebnis: Es erfolgte eine Anmietung für den Umzug des TSC Silberpfeil, der Mitglied im KSB ist. Hierzu existiert eine Rechnung vom Dezember 2020, die nur drei Tage später beglichen wurde.
Vorwurf: Vize-Präsident Frank Hering habe sich mit neuester Vereinsbekleidung ausstatten lassen.
Ergebnis: Vorstands- und Präsidiumsmitgliedern sei generell Vereinsbekleidung zur Verfügung gestellt worden. Eine Sonderausstattung für Hering habe es nicht gegeben.
Vorwurf: Vize-Präsident Mario Bielig habe freien Zugriff auf KSB-Pool-Fahrzeuge gehabt, die er angeblich kostenlos nutzen durfte.
Ergebnis: Mario Bielig habe keinen freien Zugriff auf das Fahrzeug-Pool. Eine Übernahme von Tankrechnungen durch den KSB für Bielig habe nicht stattgefunden.
Vorwurf: Der KSB habe für Vize-Präsident Mario Bielig Fahrtkosten nach Leipzig für seinen Musikverein übernommen.
Ergebnis: Eine Übernahme von Fahrtkosten für Bielig durch den KSB habe nicht stattgefunden.
Vorwurf: Der Musikverein von Vize-Präsident Mario Bielig habe Gerätschaften des Sport Promotion Teams kostenfrei zur Verfügung gestellt bekommen.
Ergebnis: Eine kostenfreie Nutzung der Gerätschaften des KSB durch Mario Bielig oder dem von ihm geführten Musikverein hat nicht stattgefunden.
Vorwurf: Dem Vorstand und dem Präsidium sei ein kostenloser Fahrdienst zu Sportveranstaltungen und Feiern auf Landesebene zur Verfügung gestellt worden. Auch seien sämtliche Kosten für Reisen zu Weltmeisterschaften des Bobteams Friedrich etwa nach Winterberg, Innsbruck und Königssee übernommen worden.
Ergebnis: Ein solcher Fahrdienst entspricht den üblichen Gepflogenheiten in einem Verein. Für die WMs wurden Busse angemietet und aus Sponsorenmitteln der Boballianz Friedrich bezahlt. KSB-Mitarbeiter, Vorstands- und Präsidiumsmitglieder mussten nichts zahlen, mitreisende Fans entrichteten "den vollen Teilnehmerbeitrag".
Vorwurf: Für den Breitensport vorgesehene öffentliche Gelder seien zum Bob-Team und damit in den Spitzensport umgeleitet worden.
Ergebnis: Die Prüfung findet den jüngsten Angaben noch statt und wird nachgereicht. Es habe aber getrennte Konnten und Jahresabschlüsse für die unterschiedlichen Zwecke gegeben.
Vorwurf: Der KSB habe von einem eigenen Mitarbeiter ein Ladenlokal zu überhöhten Preisen angemietet.
Ergebnis: Die Anmietung war tatsächlich erfolgt, aber nicht zu überhöhten Preisen. Als Vergleich werden Preise von zwei anderen Vermietern (WGP und Enso) herangezogen. Der fragliche Mietpreis liegt dazwischen.
Vorwurf: KSB-Geschäftsführer hat seine Nachfolgerin ohne Ausschreibung in einem fragwürdigen Verfahren selbst eingestellt, informierte Teile von Vorstand und Präsidium erst, als der Vertrag schon unterschrieben war.
Ergebnis: Die Einstellung der neuen Geschäftsführerin erfolgte aufgrund eines rechtswirksamen Vorstandsbeschlusses.
Anmerkung: Die Kanzlei der Rechtsanwälte Kleinkamp/Meyer/Bartsch aus Dresden prüfte die Vorwürfe durch ausführliche Gespräche mit dem KSB-Geschäftsführer, den Mitarbeitern der Geschäftsstelle sowie mit verschiedenen Vorständen und Präsidiumsmitgliedern. Außerdem wird noch die Finanzbuchhaltung überprüft.