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Gefährliche Raserei durch Königstein

Wer einer Polizeikontrolle eilends davonfährt, landet schnell in einem verbotenen Autorennen. Ein 22-Jähriger erhält dafür jetzt die Quittung.

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Symbolfoto.
Symbolfoto. © Symbolfoto: André Braun

Von Friederike Hohmann

Annika B. erinnert sich kaum an den 23. Mai des vergangenen Jahres. Vielleicht hatte sie eine Freundin besucht. In Dresden seien sie gewesen und wollten nachts zu ihr nach Hause in die Sächsische Schweiz fahren. Sie war zu ihrem Freund Maximilian S. in den BMW 320i gestiegen und kurz darauf eingeschlafen, sagt sie vor dem Amtsgericht Pirna als Zeugin. Irgendwann hätte ihre Blase gedrückt, ihr Freund fuhr auf einen Parkplatz. Doch bevor sie aussteigen konnte, hätte ein Polizist an die Autoscheibe geklopft. Sie hätte gedacht, es handele sich um eine allgemeine Verkehrskontrolle.

Als Zeuge sagt der Beamte H. anschließend dem Gericht, wie lebendig er diese Nacht noch in Erinnerung hat. Es war kurz vor ein Uhr, als er gemeinsam mit einer Kollegin und einem Kollegen im Bereich Königstein Streifendienst hatte. Auf der B172 kam ihnen ein offensichtlich viel zu schnell fahrender BMW-Kombi entgegen, der aus Pirna kommend in Richtung Bad Schandau unterwegs war. H. wendete, während sein Kollege das Kennzeichen erfasste und Informationen zum Halter des Fahrzeugs einholte. Nun begann eine Verfolgungsfahrt, wie sie keiner der Beamten je erlebt hatte. Mit Blaulicht und Martinshorn raste der Streifenwagen hinter dem immer schneller fahrenden BMW mit den auffälligen Rücklichtern her. Der Streifenwagen musste innerorts zeitweise bis auf 140 km/h beschleunigen, ohne dass sich der Abstand zum verfolgten Auto verringerte. Immer wieder verloren sie den Sichtkontakt.

Halsbrecherische Verfolgungsjagd

Mehrmals erwogen die Kollegen, die halsbrecherische Verfolgungsjagd abzubrechen, um nicht sich und andere in Gefahr zu bringen. Dem Beamten H. kam zugute, dass er erst wenige Wochen zuvor ein Fahrsicherheitstraining absolviert hatte. Sie beobachteten, wie der Raser ein unbeteiligtes Fahrzeug überholte, verloren ihn dann aber wieder aus den Augen. Als sie in Bad Schandau über die Brücke fuhren, entdeckten sie ihn unten im Ort und glaubten, ihn noch einholen zu können.

Der BMW bog dann in Richtung Sebnitz ab. Irgendwann ging es bergauf, dem Golf der Beamten ging die Puste aus. Auf der danach gut einsehbaren Wegstrecke war kein Auto zu sehen. Sie brachen die Verfolgung ab und machten sich auf den Rückweg. Auf einem Parkplatz an der Straße entdeckten sie einen BMW.

Die Motorhaube des dort geparkten Autos war sehr heiß, es roch nach verbranntem Gummi. Maximilian S. gab sich ahnungslos. Er hätte sich aber einsichtig gezeigt, als ihm vorgehalten wurde, dass seine rasante Fahrweise äußerst verkehrsgefährdend war. Dass dieses Davonfahren vor der Polizei eine Straftat ist und angezeigt würde, erfuhr er noch vor Ort.

Im November erhielt er einen Strafbefehl, der neben einer Geldstrafe auch einen Fahrerlaubnisentzug für ein Jahr vorsah. S. gab den Führerschein sofort ab, legte aber Einspruch ein. Sein Verteidiger stellt infrage, ob das Verhalten seines Mandanten überhaupt als verbotenes Kraftfahrzeugrennen zu bewerten ist. Den entsprechenden Paragrafen gibt es erst seit 2017. Schließlich hatte S. sich ja nicht mit jemandem zu einem Rennen verabredet, sondern war vor der Polizei geflüchtet. Die Rechtsprechung bewertet aber inzwischen auch die sogenannte Polizeiflucht als verbotenes Kraftfahrzeugrennen.

So sieht es auch das Gericht. S. soll 50 Tagessätze zu je 20 Euro, also 1.000 Euro, zahlen. Frühestens nach Ablauf von weiteren drei Monaten kann er auf Antrag einen neuen Führerschein erhalten. Die Richterin macht S. klar, wie gefährlich seine Raserei war und welch schlimme Folgen sie hätte haben können. Oft genug kamen bei solchen Fahrten Menschen ums Leben. Er habe mit seinem Verhalten nicht nur seine Freundin, sondern auch die Polizisten, die Insassen des überholten Fahrzeugs und sich selbst in Gefahr gebracht. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.