"Ich frage mich, woher solcher Hass kommt?"

Die großen Partys in Pirna? Das sind nicht nur das Stadtfest und der Markt der Kulturen. Auch der schrill-bunte Christopher Street Day (CSD), der vom gleichnamigen Pirnaer Verein CSD Pirna organisiert wird, ist fester Bestandteil auf dem Veranstaltungskalender der Großen Kreisstadt. Coronabedingt musste die queere Veranstaltung in den beiden vergangenen Jahren ausfallen. Das soll diesmal anders werden. Über die Pläne sprach Sächsische.de mit dem Vereinsvorsitzenden Christian Hesse.
Herr Hesse, findet der Christopher Street Day diesmal in Pirna auf dem Marktplatz statt?
Wir hoffen sehr, dass der 11. CSD in diesem Sommer unter dem Motto ,Akzeptanz ist Herzenssache' starten kann. Die Vorbereitungen laufen bereits. Auch der Termin steht fest, nämlich der 9. Juli. Allerdings achten wir auch auf die dann geltenden Hygienevorschriften, die coronabedingt sind. Heißt im Klartext: Auf Biegen und Brechen gegen gültige Auflagen können wir den CSD in Pirna nicht durchziehen. Aber es wäre wirklich schön, wenn nach zwei Jahren Zwangspause wieder auf dem Marktplatz bunt, tolerant und queer gefeiert werden könnte.
Welche konkreten Pläne hat der Verein für den CSD 2022 in Pirna?
Die ersten Verträge mit Künstlern aus der Region und von außerhalb sind bereits unterzeichnet.
Verraten Sie Details?
Nein, das ist noch topsecret. Was ich aber sagen kann: Geplant ist, wie auch schon in den Vorjahren, eine Demokratiemeile. Auf dieser wird es unter anderem Interviews mit Politikern und Abgeordneten geben sowie politische Statements. Auch mit anderen Vereinen sind wir bereits in Kontakt. Wir planen, das Thema Transsexualität stärker in den Vordergrund zu rücken. Das hat seinen Grund, denn wir bemerken, dass dieses Thema immer mehr Menschen in dem Landkreis bewegt. Unter anderem ist ein Infostand dazu geplant.
Und wenn die Pandemie jetzt doch den CSD in Pirna in diesem Sommer nicht möglich macht?
Dann gibt es einen Plan B. Auf jeden Fall wird in diesem Jahr gefeiert, was über das traditionelle Hissen der Regenbogenflagge am Rathaus hinausgeht.
Im Begegnungszentrum zur Förderung der Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt im Landkreis SOE kommt es zu einer eine Veränderung. Verantwortlich für das BZ ist Ihr Verein...
Ja, ab März erhält das Zentrum einen neuen Namen. Das hat seinen Grund, weil es in der Langen Straße in Pirna außerdem das Internationale Begegnungszentrum der AG Asylsuchende sowie den Verein Aktion Zivilcourage (AZ) gibt. Es kam häufig zu Verwechselungen. Der neue Name des BZ lautet Q43 und steht für Queer Treff Pirna. Die Zahl leitet sich von der Hausnummer ab.
Nur neuer Name oder auch neuer Inhalt?
Die Räumlichkeit wird auch verändert. Wir wollen mehrere Sitzgruppen einrichten, sodass es gemütlicher wird. Geplant ist, dass wir einmal im Monat zu einer offenen Veranstaltung einladen. Ich rede jetzt unter anderem von Vorträgen, Lesungen und Ausstellungen. Außerdem wollen wir den offenen Treff und die Beratung für Transsexuelle weiterhin anbieten. Alles selbstverständlich immer unter Einhaltung des aktuellen Corona-Infektionsgeschehens.
Herr Hesse, Sie haben den Verein CSD Pirna 2014 gegründet und sich selber 2010 geoutet. Wie erleben Sie Homosexualität in Pirna?
Ich kann da nur für mich persönlich sprechen. Gehe ich mit meinem Lebensgefährten durch die Gassen, erlebe ich keinerlei Anfeindungen oder sehe böse Blicke. Es überwiegt die Toleranz. Ich habe bisher auch nicht gehört, dass andere schwule oder lesbische Paare im Landkreis angefeindet wurden.
Dennoch gab es unschöne Vorfälle bei den CSDs in der Vergangenheit in Pirna ...
Das stimmt. 2017 wurde die Plane auf der Bühne aufgeschlitzt. Ein Jahr später haben Unbekannte Papierschnitzel mit menschenverachtenden Sprüchen gegen Homosexuelle auf dem Marktplatz gestreut. Das deutet in der Tat auf eine latente Aggression bei einigen hin.
Und die Hasskommentare im Netz?
Da möchte ich differenzieren. Solche Kommentare sind auf unserem Netzwerk sehr selten geworden. Das ist gut. Allerdings lese ich Kommentare über uns und unsere Community in anderen Netzwerken. Viele User äußern sich diffamierend.
Berührt Sie das persönlich?
Ich frage mich, woher solcher Hass kommt. Und ich finde es auch feige. Die User verstecken sich hinter irgendwelchen Profilen und geben sich nicht zu erkennen. Das ist kein Umgang miteinander. Wir verurteilen ja auch niemanden, weil er heterosexuell ist. Diese Toleranz erwarten wir ebenso von anderen. Alle atmen die gleiche Luft, aber wir werden angefeindet, weil wir leben und lieben, wie wir es mögen. Ich nehme diese Hasskommentare in den sozialen Medien aber nicht persönlich.