Sport
Merken

Wie ein Pirnaer Fußballer den Lockdown kreativ nutzt

Bei John-Benedikt Henschel vom VfL Pirna sorgen Saisonabbrüche und Spielpausen für neue Ideen. Ein soziales Projekt liegt ihm sehr am Herzen.

 4 Min.
Teilen
Folgen
Wurde unter anderem bei Dynamo ausgebildet: John-Benedikt Henschel.
Wurde unter anderem bei Dynamo ausgebildet: John-Benedikt Henschel. © Archiv: Marko Förster

Pirna. John-Benedikt Henschel spielt seit 2016 beim VfL Pirna-Copitz. Das Fußball-ABC erlernte er beim TSV Graupa, später wurde er in Dresden beim SC Borea und bei Dynamo ausgebildet, schaffte es dort bis in die Oberliga. Der 26-Jährige lebt in Pirna und arbeitet bei der Deutschen Post als Paketzusteller. Im Interview spricht er über die gegenwärtige Situation bei seinem Klub und blickt über den sportlichen Tellerrand.

Herr Henschel, wie läuft das Training aktuell beim VfL Pirna ab?

Unser Mannschaftsrat hat beschlossen, dass das Training unter 2G plus stattfindet. Die Spieler, die das nicht erfüllen, trainieren weiterhin individuell. Testspiele wurden gecancelt oder vom Gegner abgesagt.

Wie schwer ist es, sich nach zwei Saisonabbrüchen und einer fast dreimonatigen Pause noch zu motivieren?

Ich persönlich bin in einer etwas anderen Situation, da ich mich im letzten Heimspiel 2021 verletzt hatte. Aufgrund meines Bänderrisses im Knöchel hätte ich ohnehin viele Wochen pausiert. Seit Anfang des Jahres befinde ich mich im Aufbautraining. Aber klar, das Gefühl, mit den Jungs in der Kabine zu sitzen, mit der ganzen Anspannung vor dem Spiel und der Auswertung nach dem Abpfiff, fehlt mir unwahrscheinlich.

Der VfL steht in der Tabelle nicht gut da. Wie beurteilen Sie die Situation?

Wird nur die Hinrunde gespielt, haben wir noch neun Partien vor der Brust. Sollten es weniger Punktspiele sein, kann es richtig eng werden. Dann müssten wir fast alle Spiele gewinnen, um den Abstieg zu vermeiden.

Im Sommer 2021 verließen sehr viele Leistungsträger den VfL – auch, weil es finanzielle Einschnitte gab. Warum sind Sie geblieben?

Ich bin schon ein paar Jahre hier, und jedes Jahr steht die Frage: Gehst du, bleibst du? Ich fühle mich sehr wohl beim VfL, habe meine Familie und meine Arbeit hier in Pirna. Ein Wechsel in der Landesliga macht da wenig Sinn, da müsste ein Verein schon sehr viel mehr zahlen.

Sie feierten im August 2014 ihr Oberliga-Debüt bei der U23 von Dynamo Dresden, verließen den Verein dann in der Winterpause. Warum?

Als Spieler wusste ich damals nie: Bin ich im Kader, stehe ich in der Startelf? Oft kamen kurzfristig viele Profis nach unten. Ich habe es erlebt, dass ich drei Stunden vor einem Oberligaspiel angerufen wurde und man mir mitgeteilt hat, dass ich zu Hause bleiben kann. Mein Vertrag lief zwar noch eineinhalb Jahre, aber ich habe ihn aufgelöst und bin zum Post SV Dresden in die Landesliga gewechselt. Ich wollte regelmäßig Spielpraxis im Männerbereich sammeln.

Sie liefen im Sommer 2020 zusammen mit Tom Matuschak und Frank Göpfert, ebenfalls Spieler beim VfL, einen Marathon. Später folgte eine 136-Kilometer-Radetappe. Wie und warum kamen Sie auf solche Ideen?

Wir wohnten alle in der Pirnaer Innenstadt und sind während des Lockdowns vier-, fünfmal in der Woche laufen gegangen. Irgendwann war es uns zu langweilig, wir brauchten ein Ziel, einen Anreiz. An einem gemütlichen Abend haben wir die Idee, einen Marathon zu laufen, entwickelt. Es war für uns alle der erste Marathon. Und dann folgte gleich noch die Radstrecke.

Wie bitte?

Ja, wir sind die 136 Kilometer nach einer kurzen Verschnaufpause gleich nach dem Marathon gefahren. Der Plan war, bis zum Schwielochsee zu fahren und dort dann ein entspanntes Wochenende, sozusagen als Belohnung, zu verbringen.

Ging der Plan auf?

Schon, aber wir gerieten in einen Platzregen, kamen völlig durchnässt und fix und fertig am Schwielochsee an. Da war die Stimmung kurzzeitig im Keller. Aber nach einer warmen Dusche und dem ersten Bier war die Welt wieder in Ordnung.

Im Oktober 2021 erhielt der VfL den Nachwuchsförderpreis von Ostsächsischer Sparkasse Dresden und Fußballkreisverband. Sie und Frank Göpfert wurden mit Lisa Mühlbach von der AWO Pirna für ein Projekt für Kinder und Jugendliche mit Behinderung geehrt. Um was geht es konkret?

Auf die Idee gekommen sind Lisa und Frank, die beide bei der AWO arbeiten. Einmal pro Monat wird im Willy-Tröger-Stadion ein Fußball-Training für die Kinder und Jugendlichen mit Behinderung im Alter von acht bis 16 Jahren angeboten. Frank wollte gern einen Spieler der ersten VfL-Mannschaft dabeihaben. Ich habe mir das einmal angeschaut und war begeistert. Die Kinder und Jugendlichen sind sehr dankbar und glücklich. Seitdem bin ich immer mit dabei, denn es ist eine Aufgabe, die mich erfüllt. Am Sonntag steht der nächste Trainingstag an.

Und was passierte mit dem Preisgeld?

Wir haben Sportkleidung gekauft, die Kinder und Jugendlichen komplett eingekleidet. Die haben jetzt alle Trikots mit Logos und sind mächtig stolz darauf.

Was ist noch geplant?

Wir wollen die Trainingstage auf alle Fälle fortsetzen. Zudem hat Frank Göpfert die Idee, kleine Turniere oder Freundschaftsspiele gegen Teams, die aus ähnlichen Projekten entstehen, durchzuführen.

Das Gespräch führte Jürgen Schwarz.