Pirna: Strafrabatt für betrunkenen E-Scooter-Fahrer

Von Friederike Hohmann
Eric S. hatte an diesem Tag schon ein paar Flaschen Bier getrunken. Wie viele es genau waren, weiß er nicht mehr. Zum Autofahren sicher zu viel. Deshalb ließ er das Auto stehen und nahm stattdessen einen E-Roller. Da kann ja nicht viel passieren, dachte sich Eric S. an diesem Samstagabend im Juli 2021, und machte sich auf den Weg zu einem Freund. Dabei benutzte er sicherheitshalber den Gehweg, obwohl E-Scooter eigentlich auf den Radweg gehören - oder auf die Fahrbahn, wenn es keinen Radweg gibt.
Das störte die Polizisten im Streifenwagen nicht, die ihm auf der Maxim-Gorki-Straße in Pirna entgegenkamen. Der Fehler war aus ihrer Sicht die falsche Fahrtrichtung, in der Eric S. auf dem Gehweg fuhr, weshalb sie ihn zum Anhalten aufforderten. So schildert es die als Zeugin geladene Beamtin des Pirnaer Reviers. Ihr sei sofort Alkoholgeruch aufgefallen. Der später ermittelte Blutalkoholwert bei S. betrug 1,65 Promille. Fahrer eines Kraftfahrzeugs begehen ab einem Wert von 1,1 Promille eine Straftat und ihnen droht der Verlust des Führerscheins.
Eric S. bekam einen Strafbefehl, dabei hatte er doch das Auto stehen lassen. Sollte sein E-Scooter, der maximal 20 Stundenkilometer fahren kann, etwa auch ein Kraftfahrzeug sein? So stand es jedenfalls in dem Strafbefehl. Er sollte eine Geldstrafe zahlen und auch der Führerschein sollte entzogen werden. Erst nach sechs Monaten hätte er einen neuen beantragen können. S. legte Einspruch ein. Er sah das unangenehme Ereignis aber offensichtlich auch als Einschnitt, denn er gibt an, seit Dezember keinen Alkohol mehr zu trinken. Sein Verteidiger Christian Pahlke legt dem Gericht das Schreiben eines Verkehrspsychologen vor, das seinem Mandanten die Teilnahme an einer Therapie bestätigt, für die Abstinenz eine Bedingung ist.
Was zählt als Kraftfahrzeug?
Das hält die Staatsanwältin ihm zwar zugute, fordert aber neben einer Geldstrafe auch weiterhin den Führerscheinentzug, wie es das Gesetz bei fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr mit einem Kraftfahrzeug vorsieht.
Der Verteidiger verweist darauf, dass ein E-Roller aufgrund seiner geringen Geschwindigkeit und des niedrigen Gewichts ein viel geringeres Gefahrenpotential berge als ein Pedelec mit Kennzeichen. In der Rechtssprechung sei umstritten, ob der Führerscheinentzug oder nur ein Fahrverbot die angemessene Strafe ist.
Richter Andreas Beeskow verurteilt S. schließlich zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 45 Euro, insgesamt also 900 Euro und zu einem dreimonatigen Fahrverbot. Er macht keinen Hehl daraus, dass er mit der Behandlung des E-Rollers als Kraftfahrzeug seine Probleme hat. Zwar ist nach dem Wortlaut des Gesetzes ein E-Roller ein Kraftfahrzeug, da er einen Motor hat, der das Fahrzeug erst in Bewegung versetzt. E-Bikes mit Straßenzulassung, die ohne Tretunterstützung nicht alleine fahren können, zählen dagegen nicht dazu, obwohl man mit ihnen deutlich schneller unterwegs ist und E-Bikes auch schwerer sind.
Für seine Entscheidung sei vor allem ausschlaggebend gewesen, dass die Staatsanwaltschaft nicht anordnete, den Führerschein vorläufig zu entziehen, erklärte der Richter. So war S. inzwischen mehr als sechs Monate mit seinem Firmenwagen, auf den er beruflich angewiesen ist, unterwegs und hätte damit bewiesen, dass er charakterlich dazu geeignet ist. Ein Entzug des Führerscheins wäre aus seiner Sicht jetzt nicht mehr zu rechtfertigen gewesen, ein Fahrverbot aber als Strafe nötig.
Sobald das Urteil rechtskräftig ist, muss Erik S. seinen Führerschein für drei Monate abgeben.