Pirna sperrt die Markt-Durchfahrt

Zur Debatte steht das Thema seit fast 30 Jahren, nun werden die Pläne konkret. Schon mehrfach manifestierte der Pirnaer Stadtrat in den Verkehrsentwicklungsplänen ein bestimmtes Ziel: Der Marktplatz soll weitgehend autofrei werden, um die Fußgängerzone bis zur Marienkirche auszuweiten.
2007 war bereits ein erstes Etappenziel erreicht, als die Stadt den Verkehr vom Obermarkt auf der Südseite des Rathauses verbannte.
Nun geht es an den finalen Schritt: Pirna sperrt Mitte Mai den Markt für den Durchgangsverkehr. Es ist zunächst ein zeitlich befristeter Verkehrsversuch.
Dabei wird aber nicht jeglicher Verkehr vom Markt verbannt, sondern lediglich die Durchfahrt über Markt, Schloßstraße und Obere Burgstraße unterbunden. Denn diese Route am Rathaus vorbei dient vielen als Schleichweg in Richtung Sonnenstein, um die stauanfälligen Strecken über Breite Straße oder B 172 zu umfahren.
Sächsische.de fasst die Details zusammen.
Was genau wird gesperrt?
Mit dem Verkehrsversuch will Pirna den Markt vom Durchgangsverkehr entlasten.
Daher kappt die Stadt in erster Linie die innerstädtische Abkürzung über Badergasse, Markt, Schlossstraße und Obere Burgstraße. Konkret gesperrt werden Schloßstraße und Obere Burgstraße, der Markt bleibt weiterhin per Auto erreichbar.
Wann wird die Durchfahrt gesperrt?
Die Marktdurchfahrt wird von Mitte Mai bis Oktober 2021 gesperrt. Der Stadtrat hatte diesen Verkehrsversuch bereits im Sommer 2020 beschlossen, er sollte ursprünglich kurz danach stattfinden.
Allerdings ließ sich der Versuch seitens der Stadt nicht in so kurzer Zeit ausreichend vorbereiten. Zudem stand noch etwas anderes auf dem Plan, sodass der nun anvisierte Zeitraum als günstig erscheint, da die Durchfahrt in Kürze ohnehin gesperrt werden muss.
Der Anlass: die Stadtwerke Pirna tauschen von Mitte Mai bis Oktober dieses Jahres auf der Schlossstraße sowie auf der Oberen Burgstraße die bestehenden Mischwasserkanäle aus. Zugleich erneuern sie auch zum Teil die Hausanschlussleitungen, bereits neue Anschlussleitungen werden am Hauptkanal umgebunden.
Dazu sind umfangreiche Tiefbauarbeiten im Straßenraum erforderlich, die eine abschnittsweise Vollsperrung der Straßen bedingen. Nach derzeitigen Planungen sind drei Teilabschnitte vorgesehen: Schlossstraße (zwischen Markt und Oberer Burgstraße), Obere Burgstraße (zwischen Schloßstraße und Am Schlossberg) sowie Obere Burgstraße (zwischen Am Schlossberg und Polizeirevier).
Ist der komplette Markt dicht?
Nein, der Markt selbst ist nicht gesperrt. Er bleibt weiterhin, insbesondere für mobilitätseingeschränkte Menschen, per Auto zu erreichen, für Anwohner, Lieferverkehr und Rettungsfahrzeuge sowieso.
Allerdings ist für den Sperrzeitraum die Badergasse dann die einzige Ein- und Ausfahrt am Markt.
Die Parkplätze an der Nordwestseite des Marktes zwischen Rathaus und Schuh-Eppstädt sind weiterhin nutzbar. Allerdings entfallen die Stellplätze auf der Ostseite des Rathauses vor dem Standesamt.

Warum wird die Durchfahrt gesperrt?
Schon der erste vom Stadtrat beschlossene Verkehrsentwicklungsplan (VEP) von 1992 besagt, bis 1995 die Fußgängerzone in der Altstadt bis zur Marienkirche auszuweiten und die Marktdurchfahrt zu unterbrechen - damals noch angesichts eines Gesamtverkehrssystems, das weder eine zweite Elbbrücke noch die Südumfahrung vorsah. Umgesetzt wurde das Projekt bislang jedoch nicht.
2015 beschloss der Rat den "VEP 2030", darin ist dasselbe Ziel noch einmal verankert. Laut des Papiers ist beabsichtigt, die Altstadt grundsätzlich von Verkehr und Verkehrslärm zu entlasten. Zudem soll die Aufenthaltsqualität für Pirnaer und Gäste gesteigert werden - vor allem auf dem Markt.
Werde der Markt vom Individualverkehr befreit, heißt es im VEP 2030, werde dieser Ort nicht nur für die Außengastronomie attraktiver.
Der aktuelle, in Kürze startende Verkehrsversuch basiert zusätzlich zum VEP 2030 auf einem Antrag des fraktionslosen Stadtrates André Liebscher (damals noch Fraktion Freie Wähler) aus dem Jahr 2020. Dieser Antrag wurde im Juli vergangenen Jahres mit 17 Ja- gegen sieben Nein-Stimmen beschlossen.
Hat dieser Versuch nur Befürworter?
Nein. Die meiste Kritik kommt von der AfD-Fraktion. Werde die Marktdurchfahrt gesperrt, argumentiert AfD-Stadtrat Armin Marschall, dann gäbe es nur noch eine Ausfahrt, hinderlich für Lieferverkehr und Rettungsfahrzeuge. Zudem komme man mit dem Auto gut über den Markt zum Sonnenstein, außer herum brauche mal viel länger.
Außerdem befürchtet die AfD-Fraktion Nachteile für die am Markt ansässigen Händler und Gastronomen, sollten dann weniger Gäste mit dem Auto auf den Markt kommen.
Der fraktionslose Abgeordnete Thomas Mache (Pirna kann mehr) hält den Versuch für überflüssig, Walter Matzke (Pirnaer Bürgerinitiativen) plädiert dafür, die Durchfahrt offenzuhalten.
Liebscher indes hält den Versuch für sinnvoll. "Damit wollen wir ergründen, ob und wie sich der Plan vom verkehrsberuhigten Markt realisieren lässt", sagt er. Aus seiner Sicht führten Verkehrsprojekte zulasten der Autofahrer nicht dazu, dass der Einzelhandel einen massiven Einbruch erleide. Gestützt wird das von einer Studie des Bundesverkehrsministeriums.
Auch die Fraktionen "Bündnis 90/Die Grünen/SPD", Linke, CDU und Freie Wähler befürworten diesen Versuch.
Was leitet sich aus dem Versuch ab?
Der Versuch soll ausloten, wie die Pirnaer und Gäste der Stadt das Vorhaben akzeptieren, wie es Handel und Gastronomie am Markt beeinflusst und wie sich der geänderte Verkehrsfluss auf das übrige Verkehrsgefüge in der Stadt auswirkt - noch ehe die Südumfahrung fertig ist.
Während der Sperrung wird die Stadt die alternativen Verkehrswege betrachten und analysieren. Daraus soll sich dann ableiten, ob und wann der Markt dauerhaft für den Durchgangsverkehr dicht gemacht wird.
Welche alternativen Routen bleiben?
Wenn die Passage über den Markt dicht ist, bleiben aus Richtung Copitz oder Innenstadt die beiden regulären Hauptrouten in Richtung Sonnenstein - entweder über Bahnhofstraße, Dohnaischer Platz und Breite Straße bis zur B 172 oder über die Maxim-Gorki-Straße bis zur Feldschlößchenkreuzung und dann weiter auf der B 172.
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