Südumfahrung Pirna: Alte Bahnbrücke wird abgerissen

Die Trasse für die neue Pirnaer Südumfahrung, die einmal die Innenstadt vom Durchgangsverkehr entlasten soll, ist klar umrissen und festgelegt. Die insgesamt 3,8 Kilometer lange Strecke zweigt am Pirnaer Autobahnzubringer ab, führt dann bergab ins Seidewitztal, geht per Brücke über die Seidewitz und die Zehistaer Straße, verläuft dann mit einem 300 Meter langen Tunnel durch den Kohlberg, überspannt mit einer 916 Meter langen Brücke das Gottleubatal, führt dann über einstige Obstplantagen auf dem Sonnenstein und bindet schließlich auf die bestehende B172 ein.
2017 begannen die Bauarbeiten, inzwischen wird an allen Bauabschnitten gewerkelt. Einiges, wie die Brücke über die Seidewitz und jene über die Zehistaer Straße einschließlich neuem Kreisverkehr, ist schon fertig. Am Tunnel wird derzeit gebaut, auf einer Seite ist der Durchbruch nicht mehr weit. Die Pfeiler für die Gottleubatalbrücke sind weitgehend fertig, ebenso ein Teil des Stahlunterbaus für die Brücke. Und am Knotenpunkt Feistenberg formen die Fachleute derzeit die Auf- und Abfahrtrampen von und zum Autobahnzubringer.
Üblicherweise arbeiten die Firmen an den festgelegten Abschnitten. Doch es gibt auch Ausnahmen, und so widmen sich die Fachleute in Kürze einem Bereich, der ein ganzes Stück abseits der Südumfahrungstrasse liegt. Es ist ein kleines, aber nicht unbedeutendes Projekt.
Eisernes Bahn-Relikt
Es geht um ein Areal zwischen Einsteinstraße und Zehistaer Straße unweit des Kreisverkehrs. Parallel zum Parkplatz des Netto-Marktes an der Einsteinstraße fließt die Seidewitz entlang, ein paar Meter weiter südwestlich verlief einmal die Bahnstrecke von Pirna nach Bad Gottleuba.
Züge fahren hier schon seit Jahrzehnten nicht mehr, die Gleise sind längst abgebaut, auch von dem Bahnübergang an der Zehistaer Straße vor dem ehemaligen Landratsamt ist seit geraumer Zeit nichts mehr zu sehen. Ein Relikt hat jedoch bisher die Zeit überdauert.
Unweit der Zehistaer Straße lag früher der Bahnhaltepunkt „Pirna Süd“, die roten Backsteinhäuser stehen noch. Gleich dahinter führte die Bahnlinie über die Seidewitz. Diese Brücke, ein schlichter, bahntypischer Stahlbau, existiert noch. Doch sie ist bald Geschichte.
Hochwasser-Staufalle muss weg
Im Auftrag der Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und –bau GmbH (Deges), Bauherr der Südumfahrung, wird diese Bahnbrücke in Kürze abgerissen. Es ist eine Auflage, die die Deges erfüllen muss. Nach Aussage von Ulrich Gawlas, Bauoberleiter der Südumfahrung, werden Fachleute noch im Februar im Brückenumfeld einige Bäume fällen, ehe im März die neue Vegetationsperiode beginnt. Im März soll dann die Brücke verschwinden. Danach formen die Arbeiter an dieser Stelle wieder eine richtige Böschung.
Es ist nicht das erste Mal, dass ein derartiges Bauwerk im Zusammenhang mit der Südumfahrung auf diese Weise verschwindet. Bereits im Sommer 2020 ließ die Deges ebenfalls eine alte Bahnbrücke samt der zwei noch vorhandenen Widerlager im Ortsteil Zehista abreißen. Das Bauwerk aus Beton stand bis dahin unmittelbar hinter der Straße „Zehistaer Siedlung“. Auch dort formten Fachleute eine neue Böschung und renaturierten das Flussprofil.
Beide Vorhaben sind Sonderprojekte, die dem Hochwasserschutz dienen. Der Grund: Die neue Pirnaer Südumfahrung führt auch durch das Seidewitztal. Dort gibt es eine Brücke über die Zehistaer Straße und eine über die Seidewitz. Beide Bauwerke sind mit einem aufgeschütteten Damm verbunden, der parallel zum Hundesportplatz verläuft und später die Straße trägt. Auf diese Weise ging an dieser Stelle allerdings Überflutungsfläche für die Seidewitz verloren.
Für Abhilfe sorgt zwar ein großer Durchlasskanal, der durch den Straßendamm verläuft. Zudem wurde die Deges aber dazu verpflichtet, weitere potenzielle Staufallen an der Seidewitz zu entfernen, um den Durchfluss generell zu verbessern. Daher müssen diese beiden Brücken abseits der eigentlichen Südumfahrung abgerissen werden.

Gleise sind längst abgebaut
Die Brücke über die Seidewitz, die in Kürze verschwindet, war Teil der einstigen Bahnlinie von Pirna nach Bad Gottleuba. Der Streckenbau begann 1879, die Trasse ging zunächst bis Berggießhübel, wurde aber in den Jahren 1904 und 1905 bis Bad Gottleuba verlängert. Die Gottleubatalbahn war vorrangig für den Güterverkehr konzipiert worden, wurde später aber auch bedeutsam für den Personenverkehr.
Letztendlich aber stellte die Bahn den Personenverkehr am 24. August 1970 auf der Strecke ein, ab 1977 wurde der Abschnitt von Pirna-Neundorf bis Bad Gottleuba abgebaut. Der im Stadtgebiet von Pirna gelegene Abschnitt blieb zunächst als Industriebahn erhalten. In diesem Zusammenhang wurde der Bahnhof Rottwerndorf deutlich erweitert, weil dort das von der Wismut in Königstein geförderte Uranerz verladen wurde. Ab 1983 allerdings wurde der Bahnhof dafür nicht mehr benötigt.
Nach der Wende war für kurze Zeit im Gespräch, die Strecke bis Bad Gottleuba als moderne Regionalbahnstrecke wiederaufzubauen. Doch die Pläne zerschlugen sich rasch. Am 1. Januar 1997 wurde schließlich der Güterverkehr auf der Reststrecke eingestellt. 1999 genehmigte das Eisenbahnbundesamt die Stilllegung der Strecke von Pirna bis Pirna-Rottwerndorf, 2002 wurden die Gleise abgebaut.