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Pirnas schönste Abkürzung zum Schloss

Von den Sonnensteiner Bastionen führt eine neue Treppe auf den Canalettoweg. Am Fuß des Verteidigungswerks ruht noch ein wahrer Schatz im Berg.

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© Kristin Richter

Von Thomas Möckel

Pirna. Es dauerte Monate, den Durchbruch zu schaffen. Handwerker meißelten sich in den zurückliegenden Wochen durch die meterdicke Mauer der Bastionen unterhalb des Schlosses Sonnenstein. Die Fachleute formten einen Torbogen, mauerten ihn mit Ziegeln aus und verkleideten ihn mit Sandsteinsimsen. Entstanden ist nun eine Art Tor in eine neue Welt, die es so vorher nicht gab. An der Pforte eröffnet sich ein neuer Weg, an der Torschwelle klebt, mehrere Meter über dem Abhang, eine Treppe, stahlgrau, die Stufen aus verzinkten Gitterrosten. In ein, zwei, drei Winkelzügen schwingt sich die Stahlkonstruktion zu Tale, um schließlich auf dem Canalettoweg zu münden. „Das ist“, sagt Pirnas Oberbürgermeister Klaus-Peter Hanke, „unser Beitrag für einen weiteren touristischen Rundweg.“

Wer bisher vom Pirnaer Schlosshang aus eine Runde über den hier beginnenden Malerweg drehen wollte, war gezwungen, bis zur Gedenkstätte Sonnenstein zu laufen, ehe er wieder in den Schlosspark gelangte. Mit der neuen Treppe gibt es nun einen kürzeren Weg. Der Aufgang verbindet den Canalettoweg mit dem Innenhof des Schlosses. Oben endet der Weg im ehemaligen Kohlenlager, gleich neben dem heutigen Kreisarchiv. Wer den neuen Weg beschreiten will, sollte sich nicht von dem eisernen Tor im Mauerdurchbruch abschrecken lassen. Es dient vornehmlich als Zierde, verschlossen ist es nicht. Und die Treppenanlage ist längst nicht die einzige neue Abkürzung.

Künftig soll es auch flott aus Richtung Fleischer- und Holdergasse den nördlichen Schlosshang hinaufgehen. Die Arbeiten an diesem Teilstück haben jetzt begonnen. Entlang der alten Stadtmauer, deren Fragmente am Schlosshang unterhalb der Bastionen noch erhalten sind, lassen sich noch einige Stufen einer früheren Treppe erkennen. Auf dieser historischen Route werden jetzt neue Stufen gesetzt, die alten werden laut der Landschaftsarchitektin Anne Prugger dafür verwendet, Stützmauern zu errichten. Von der neuen Treppe werden noch einige Querwege über den Hang führen, an denen künftig Sitzbänke stehen. Neben dem Treppenbau sichern und ertüchtigen Fachleute auch die Reste der Stadtmauer. Die Handwerker entfernen loses Gestein, säubern die Fugen und verfugen das Mauerwerk anschließend neu. Wo das einstige Bollwerk an den Canalettoweg grenzt, erhöhen die Arbeiter die Stadtmauer. So soll verhindert werden, dass jemand vom Weg aus auf die Mauerreste klettert – die Absturzgefahr ist einfach zu groß. Die Arbeiten an der alten Stadtmauer sowie an dem Aufgang gleich daneben sollen nach Auskunft der Stadt Ende 2016 fertig sein. Denn vor allem ist die Treppe immens wichtig für ein weiteres Projekt. Sie soll einmal zu einem Schatz führen, der noch im Berg ruht.

Alte Leitungen im Untergrund

Im Untergrund des nördlichen Schlosshanges liegen noch sogenannte Quellsammelleitungen, sie existierten dort wohl schon, als der Maler Canaletto Pirnas Stadtansichten in Öl auf Leinwand verewigte. Die unterirdischen Leitungen fangen aus dem Berg tretendes Quellwasser auf, bündeln es und lassen es durch ein ausgeklügeltes Sandfiltersystem stadtwärts rauschen – bis zu einem riesigen Wasserspeicher. Gleich neben den Stadtmauer-Resten, noch ein wenig versteckt im Dickicht, erhebt sich der Einstiegsschacht zum sogenannten Pienitz-Behälter, eine übergroße, in den Hang eingelassene Zisterne, wohl eine der ersten großen Wasserversorgungsanlagen für Pirna.

Von dort abgehende Leitungen speisten früher die Trinkwasserbrunnen in der Altstadt. Das Problem allerdings: Der Wasserbehälter ist derzeit leer, die zu ihm führenden Quellsammelleitungen sind leck, allerdings weiß keiner so genau, wo. Die Stadt lässt daher die Rohre gleich auf ganzer Länge erneuern, der Pienitz-Behälter wird ebenfalls gesichert. Speichert er dann wieder Wasser, sollen davon die Brunnen am Schlossberg sowie am Ende der Langen Straße gespeist werden. Darüber hinaus plant die Stadt, die historischen wassertechnischen Anlagen künftig für touristische Führungen zu öffnen. Am besten erreichen lassen sie sich über den neuen Aufgang entlang der alten Stadtmauer.

Zudem wird auch der Canalettoweg selbst wieder hergerichtet. Der Pfad bekommt bis zur Gedenkstätte Sonnenstein eine feste Oberfläche, alles soll künftig etwas harmonischer aussehen. Um die Gefahr zu mindern, dass jemand am Hang abrutscht, werden Handwerker die Stützmauer talseitig des Canalettoweges neu aufbauen. Aufgrund starker Regengüsse und wild hinabjagender Bäche in den vergangenen Jahren sind die Stützmauern an vielen Stellen nicht mehr existent. Sämtliche Arbeiten müssen bis Ende 2017 abgeschlossen sein. Die Vorhaben kosten rund 1,2 Millionen Euro.

Etwas von dem Geld verwendet die Stadt auch dafür, kleineren Bewuchs und einige größere Äste vom Schlosshang entfernen zu lassen. Gänzlich freigeschnitten kann er allerdings nicht werden – es würde die Flugrouten der Fledermäuse stören.