120 gute Jobs für Weißwasser

Neben der Eingangstür in der Friedrich-Bodelschwingh-Straße, wo einst das DRK seinen Sitz hatte, prangt ein goldenes Schild mit dem Bundesadler und der Aufschrift: „Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), Außenstelle Weißwasser“. Hinter dem Eingang stehen die Flaggen der Bundesrepublik Deutschland und der EU. Ein Zeichen für die Bedeutung der in Weißwasser neu ansässigen Behörde, deren Außenstelle gestern offiziell eingeweiht wurde.
Eigentlich sollte das bereits im März erfolgen; im Beisein von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer; mit Rundgängen und einem Grillfest für die Einwohner von Weißwasser. Wegen Corona erfolgte die Eröffnung erst gestern. Ohne Gäste und Festakt, nur virtuell per Video-Livestream für die Presse. Hinter den Kulissen gab es dennoch eine Feier: für die 32 Mitarbeiter. Sie alle hatten Grund zum Feiern. Nachdem sie unter über 600 Bewerbern ausgewählt worden waren und die Ersten Mitte März ihre Arbeitsverträge erhielten, steht nun fest, dass alle fest angestellt werden.
Auch Kathrin Noack, die seit April dabei ist und von Forst nach Weißwasser zog. „Ich bin glücklich über den Job, muss nicht mehr pendeln und wir haben eine tolle Wohnung und einen Krippenplatz für unsere Tochter in der Stadt“, sagt sie. „Weißwasser ist schön und die Region bietet so viele Möglichkeiten für Entdeckungen, Ausflüge und Freizeit.“
Kathrin Noack ist eine von 31 neu eingestellten Mitarbeiterinnen. Laut BAFA-Präsident Thorsten Safarik soll die Zahl bis Sommer verdoppelt sein und zum Jahresende 120 Mitarbeiter umfassen, die langfristig in Weißwasser eine Berufs- und Lebensperspektive haben. „Es ist ein enormes Tempo, wenn man bedenkt, dass erst im Spätherbst 2019 die Entscheidung für die Ansiedlung in Weißwasser fiel“, so Safarik.
Dass die Behörde nach Weißwasser kam, freut besonders Oberbürgermeister Torsten Pötzsch. „Die Ansiedlung und die damit verbundenen Arbeitsplätze sind von enormer Bedeutung für die Stadt und ein wichtiges Zeichen für die Menschen. Im Rahmen des Strukturwandels passt es zudem als Mosaikstein in unsere Philosophie des Werbens um Rückkehrer und Zuwanderung. Und es zeigt, dass unsere Botschaft, in vom Kohleausstieg kernbetroffenen Regionen und Kommunen auch Bundesbehörden anzusiedeln, in Berlin ankam.“
Neben den bereits im Hintergrund laufenden Ansiedlungen mehrerer Firmen in der Stadt, von denen einige schon ihren Sitz nach Weißwasser verlegten und dabei sind, hier Produktionsstätten aufzubauen, sei die Behörde ein wichtiger Baustein im Prozess des Kohleausstiegs und der Wahrnehmung der Region. „Insofern wäre ein öffentliches Fest zur BAFA-Eröffnung schon schön gewesen“, meint Pötzsch.
Ob es dazu kommt, ist offen. Einen Besuch der BAFA Weißwasser noch 2020 hat indes Bundesminister Altmaier angekündigt. Noch steht der Termin nicht fest. Ebenfalls noch zu klären ist zwischen Bund und BAFA, Freistaat Sachsen und Stadt, an welchem weiteren Standort in Weißwasser die Behördenmitarbeiter arbeiten werden. Für 120 reicht der Platz im Sparkassengebäude nicht. Wie Thorsten Safarik zudem gegenüber Tageblatt äußerte, sei man als Behörde gekommen, um zu bleiben und weiter am Standort zu wachsen. „Die neue Außenstelle leistet einen wichtigen Beitrag für eine erfolgreiche Energiewende, und wir gehen mit einem Programm für den Kohleausstieg in eine Region des Kohleausstiegs“, begründet Safarik.
Laut seiner Aussage würden bereits viele Anträge des Bundesförderprogramms „Heizen mit erneuerbaren Energien“, durch das in Deutschland künftig 846.000 Tonnen CO2 jährlich eingespart werden sollen, in Weißwasser bearbeitet. Künftig soll das nur hier erfolgen. Weil dies Personal und Platz erfordere, sei man mit dem Freistaat bereits in enger Abstimmung hinsichtlich der Nutzung einer Landesimmobilie in Weißwasser. „Ich bin hier sehr hoffnungsvoll, dass sich Sachsens Ministerpräsident persönlich mit einsetzt.“ Durch die Programmbearbeitung in Weißwasser sind 2020 Investitionen prognostiziert, durch die etwa 57.000 Beschäftigte im Installateur- und Heizungsbau neue Aufträge erhalten. Auch das „Anpassungsgeld Braunkohle“ (es erleichtert Beschäftigten der Kohleindustrie den Übergang in den Ruhestand) wird demnächst in Weißwasser bearbeitet – eben so das Bundes-Soforthilfe-Programm für von Corona betroffene Unternehmen.
BAFA-Kurzporträt
Das BAFA ging 2000 aus der Zusammenlegung der Bundesämter für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle hervor und ist eine Universalbehörde innerhalb der Bundesverwaltung. Zu den Aufgaben gehören Außenwirtschaft, Wirtschafts- und Mittelstandsförderung, Energie und Abschlussprüferaufsichtsstelle. Das Amt ist zuständig für Privatpersonen, Unternehmen, Kommunen und beschäftigt an vier Standorten (Eschborn, Berlin, Bochum, Düsseldorf) rund 1.000 Mitarbeiter. In Weißwasser sollen weitere 100 Stellen entstehen.