Von Falk Hofer
Silvia Schmidt (Name geändert) weiß nicht mehr weiter. In einem Brief an die SZ schildert die Arbeitslosengeld-II-Empfängerin ein Problem mit dem Kreis-Arbeitsamt: Die Zittauerin wohnt mit ihrem Lebensgefährtem und ihrem Sohn in einer Wohnung. Doch der Filius wird bald ausziehen, dann ist die Wohnung für zwei Personen laut der entsprechenden Richtlinie zu groß. Bis Ende Juni trägt das Kreis-Arbeitsamt die über den „angemessenen“ Kosten liegende Miete für die Unterkunft noch mit. Dann endet die Übergangsfrist. Und die Langzeitarbeitslose müsste das Geld selbst aufbringen. Ausweg aus der prekären Lage wäre ein Umzug in eine kleinere Wohnung. Doch das kostet: Möglicherweise Kaution, Maklergebühr, Provision oder Genossenschaftsanteile. Diese Summen übernimmt das Kreis-Arbeitsamt jedoch nur, wenn es den Umzug auch veranlasst hat.
So steht es in der Richtlinie, die der Kreistag im Oktober verabschiedet hat. Doch eben die Regelung zu den Umzugskosten ist ein Fallstrick für die Betroffenen. Diese Erfahrung hat auch Silvia Schmidt gemacht. Denn auf der Behörde hieß es, man werde sie nicht zum Umzug auffordern. Somit bliebe ihr nur die Möglichkeit, die höhere Miete zu zahlen oder den teuren Umzug selbst zu zahlen. Mit dem klammen Geldbeutel unmöglich.
„Dieses Problem ist für die Leute sehr kompliziert“, sagt Marian Melde. Der Dittelsdorfer ist selbst von Hartz IV betroffen, betreibt in Zittau eine Kontaktstelle und sitzt im Grundsicherungsausschuss, der die Umsetzung der Sozialreformen im Landkreis begleitet. Zu ihm seien bereits mehrere ALG-II-Empfänger gekommen, die vor dem Problem mit zu großen Wohnungen stehen.
Auf zehn Prozent schätzt Joachim Herrmann, Vorsitzender des Arbeitslosenverbandes im Kreis, den Anteil der ALG-II-Empfänger, die umziehen müssen. „Die Zahl schwebt im Raum.“ Genaues werde man erst wissen, wenn das Kreis-Arbeitsamt die Statistik fertig habe. Und das wird noch bis zur Sitzung des Grundsicherungsausschusses am 25. April dauern. „Mit den Zahlen werden wir das Thema nochmals beraten“, sagt Rolf Oppelt, Chef der Abteilung Leistungsrechnung beim Kreis-Arbeitsamt. Wahrscheinlich werde man zwischen zehn bis 15 Prozent (entspricht zwischen 1 500 bis 2 000 Menschen) liegen. Das würde Massenumzüge nach sich ziehen, die „der Gesetzgeber nicht gewollt hat“, so Oppelt.
Und so würde dann auch Rolf Oppelt für die naheliegendste Lösung des Problems plädieren: Die Richtlinie muss nochmals überprüft und gegebenenfalls geändert werden. Dann kämen auf den Kreis vielleicht Kosten zu, die er mit dem schmalen Haushalt eigentlich nicht tragen kann. Entscheiden muss das der Kreistag, und der tagt nur noch zweimal bis zur Sommerpause.
Bis eine endgültige Entscheidung über die Handhabe des Umzugskosten-Problems gefallen ist, können Betroffene die entsprechenden Anträge stellen, so Oppelt. Ist die neue Wohnung angemessen, werde man sicher die Umzugsbeihilfe geben.Silvia Schmidt darf es also noch mal versuchen.Auf ein Wort/S.22