Von Verena Weiß
Der Tippschein liegt noch immer auf dem Stubentisch. „Wegwerfen werde ich ihn wohl nicht“, sagt Mandy Göhler. Denn fast hätte ihr der kleine Zettel Glück gebracht – aber eben nur fast.
Es war am Mittwoch gegen 18 Uhr als sich die 30-jährige Freitalerin mit ihrem Mann dazu entschloss, noch schnell in der Lotto-Stelle ums Eck einen Tippschein auszufüllen. Die ersten Zahlen waren sofort klar: 26, 8 und 3 – das Geburtsdatum ihres neunjährigen Sohnes. „Das nehme ich fast immer“, sagt Mandy Göhler. Dann sollte es noch die 32 sein und die 42. „Mein Mann hatte sich aber verkreuzt“, erzählt sie, stattdessen setzte er bei der 40 das Kreuz. Fünf Richtige! Der Tipp wäre mehrere Tausend Euro wert gewesen – hätte die erste Ziehung an diesem Abend gegolten. „Ich hab mich erst riesig gefreut und wollte gleich meinen Mann anrufen“, erzählt sie.
Hoffnung auf Gewinn geplatzt
Doch der Traum vom großen Lotto-Gewinn platzte 22 Minuten später. Der erhoffte Geldsegen der Göhlers blieb aus. Lotto und ZDF erklärten die Ziehung für ungültig. Die zwei Kugeln mit den Ziffern 46 und 47 rollten nicht in die Trommel. Eine Panne, die 2,33 Millionen Zuschauer um 18.50 Uhr vorm Bildschirm verfolgten (SZ berichtete). Etliche Lotto-Spieler und Beinahe-Gewinner sind sauer, auch die Freitalerin Mandy Göhler. „Ich dachte erst an einen Scherz“, sagt sie und zuckt die Schultern, „aber was soll man machen.“
Was sie mit den gut 4 600 Euro, die bei der regulären Ziehung ein Fünfer brachte, angestellt hätte, wüsste die 30-Jährige sofort. Ihr Sohn Kevin ist körperlich und geistig schwerbehindert, sitzt sogar im Rollstuhl und braucht die ganze Aufmerksamkeit seiner Mutter. „Das Geld hätte ich fürs Therapiereiten verwendet“, sagt Mandy Göhler, „das tut ihm gut.“ Von ihrem Minijob in der Kantine und der Unterstützung durch Sozialhilfe bliebe sonst kaum Geld dafür übrig. „Auch ein paar orthopädische Schuhe für Kevin sind mal wieder fällig“, sagt die Freitalerin. Auch Ölwechsel und die nächste Durchsicht fürs Auto, mit dem Mandy Göhler ihren kranken Sohn von A nach B fährt, stehen bevor. Da wäre der Lotto-Gewinn wahrlich eine große Erleichterung gewesen.
„Schade“, sagt Mandy Göhler. Trübsal blasen will die junge Frau aber nicht. Die Therapie für ihren Sohn möchte sie dennoch angehen. „Da verzichte ich lieber selbst an anderer Stelle“, sagt sie.
Lottogesellschaften und Fernsehsender entschuldigten sich zwar öffentlich für die Panne, an eine Entschädigung glaubt Mandy Göhler aber nicht. „Wer weiß schon, wie viele Lotto-Spieler das betrifft“, sagt sie und winkt ab. Deshalb will sich die Freitalerin auch nirgendwo beschweren. „Wer trägt denn hierfür die Verantwortung?“, fragt sie ungläubig mit Blick auf den Lotto-üblichen Satz, „alle Angaben sind ohne Gewähr“. Fürs Lotto-Spielen konnte sich die 30-jährige Freitalerin deshalb noch nicht wieder erwärmen. Der Frust über den Beinahe-Gewinn sitzt noch tief. „Eigentlich habe ich die Nase voll“, sagt sie und runzelt die Stirn, aber irgendwann – das glaubt auch Mandy Göhler – wird sie schon wieder einen Tippschein abgeben. „Dann wird es aber ein Sechser“, sagt die Freitalerin und muss lachen: „mit Zusatzzahl!“