Von Mey Dudin
Dresden. Ein Anruf genügt. Neonazis, die der Szene den Rücken kehren wollen, können sich über das „Hinweistelefon Rechtsextremismus“ von sächsischen Verfassungsschützern helfen lassen. Auch in den Justizvollzugsanstalten in Bautzen und Zwickau feilen zwei Sozialarbeiter im Auftrag des Justizministeriums am Ausstieg von ehemaligen „Kameraden“.
Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) hat seit dem Start der Hotline nach eigenen Angaben insgesamt 23 potenzielle Aussteiger betreut. Sechs hätten sich inzwischen komplett davon gelöst, sagte der Sprecher der Behörde, Alrik Bauer. 14 von ihnen hätten sich über das Hinweistelefon gemeldet. Die übrigen hätten auf anderen Wegen den Kontakt gesucht, etwa per Post.
Dem LfV-Sprecher zufolge sind alle Ausstiegskandidaten – darunter keine Frauen – aktive Rechtsextremisten aus Parteien, Kameradschaften und Skinheadgruppen. Der älteste potenzielle Aussteiger war 56 Jahre alt, der jüngste 17. Auch ein Funktionär habe sich bei der sächsischen Behörde gemeldet. Solche Fälle würden allerdings immer an das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) verwiesen, sagte Bauer. Nur einer der Betreuten sei bislang bedroht worden.
Das Amt wertet das Programm als „großen Erfolg“. Gemessen an den 3 300 organisierten Rechtsextremisten im Freistaat sei der Aussteiger-Anteil zwar gering, sagte Bauer. Ausschlaggebender Faktor sei jedoch die Verunsicherung und Schwächung der Szene, welcher durch die aggressiven und abwertenden Reaktionen von entsprechenden Gruppen belegt werde.
Zudem sei das Programm nur ein Stein in der Strategie der Bekämpfung des Rechtsextremismus. Mit Hilfe der Sozialarbeiter in den Justizvollzugsanstalten haben nach Angaben des Justizministeriums zehn weitere Rechtsextremisten den Absprung vorerst geschafft. Von einem Erfolg könne man jedoch erst nach längerer Zeit sprechen, sagte Ministeriumssprecher Leon Ross. Zwischen 30 und 35 Personen befänden sich zusätzlich in einer so genannten Motivationsphase. Sie sprechen mit den Sozialarbeitern bereits über einen möglichen Ausstieg aus der Szene. Laut Ross betreuen die beiden JVA-Sozialarbeiter auch die umliegenden Gefängnisse.
Das grundlegende Problem lösen die Aussteigerprogramme nach Angaben der PDS im sächsischen Landtag allerdings nicht. Das Angebot sei nur „ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagt der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Steffen Tippach. (ddp)