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25-Jährige sagt den Männern, wo’s lang geht

Gestern am 8. Mai war Frauentag. Nein? Doch! Zum dritten Mal fand in Deutschland der Girls’Day – der Mädchen-Zukunftstag statt. Nach einer Studie streben in Deutschland mehr Mädchen als Jungen eine höhere Bildung an. Gleichzeitig gelten viele Berufe als Männerdomäne. Dass darin aber auch Frauen genauso ihre Arbeit erfüllen können, soll der Girls’Day zeigen. Beim BGS in Ebersbach gibt es hierfür ein gutes Beispiel.

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Von Holger Gutte

Ines Grahmann ist ein Novum beim BGS. Die 25-Jährige ist die einzige Frau im Bereich der Grenzschutzinspektion Ebersbach, die ihren männlichen Kollegen sagt, wo es lang geht. Ines Grahmann muss das auch. In der Fachsprache des BGS arbeitet sie im gehobenen Dienst. Sie ist Polizeikommissarin zur Anstellung.

Die zweieinhalbjährige Probezeit läuft für die gebürtige Geraerin nächstes Jahr aus. Dann ist die junge Blondine erst so richtig in einen von Männern dominierten Beruf vorgestoßen. Doch eigentlich ist sie längst als Chef vom so genannten starken Geschlecht akzeptiert. Seit 2001 steht sie als Frau in Ebersbach ihren Mann. Sie ist hier für die Arbeit von 40 Beamten an der Grenze zu Tschechien zwischen Sebnitz und Ebersbach verantwortlich. Die meisten ihrer Kollegen hatten von Anfang an kein Problem damit, eine Frau als Vorgesetzte zu haben, sagt sie. Gewöhnen mussten sie sich vielleicht eher daran, dass Ines Grahmann so jung und eine Neueinsteigerin war.

Noch 1996, nach dem Abitur am Sportgymnasium, hätte die frühere Leistungssportlerin selber nicht daran geglaubt, zwei Jahre später beim BGS zu sein. Sport bestimmte damals ihr Leben. Bis dahin hatte die Rechtsanwaltsfachangestellte täglich vier Stunden in einer Kanzlei gearbeitet. Die restliche Zeit verbrachte die Leichtathletin im Stadion. „Der Beruf war aber nicht meine Sache und für mich eine Qual“, sagt sie. Weil sie als Sprinterin nicht zur absoluten deutschen Spitze gehörte, bekam sie keine staatliche Förderung mehr.

„Für mich stand immer fest, dass ich finanziell unabhängig sein will und nicht meine Mutter belaste. Ich wollte einen Neubeginn“, sagt Ines Grahmann. Jetzt übt sie den Traumberuf ihrer Schwester aus, die diesen aus gesundheitlichen Gründen nicht erlernen kann. Den Anstoß, sich für einen Job bei der Polizei zu entscheiden, kam jedoch nicht von ihr, sondern von einem Trainer.

Ines Grahmann hatte bis dahin keine Ahnung vom Bundesgrenzschutz. „Ich dachte auch, man fängt klein an und kann sich weiterqualifizieren.“ Bei einem Beratungsgespräch wurde ihr jedoch wegen ihres Abiturs eine Laufbahn im gehobenen Dienst empfohlen. Jetzt ist Ines Grahmann mit 25 stellvertretende Dienstgruppenleiterin. Sie stellt Dienstpläne auf, kümmert sich um die Fortbildungsmaßnahmen der Kollegen, um die Post und ist auch für die Endbearbeitung der Akten von Straftätern für die Staatsanwaltschaft zuständig.

Ines Grahmann bereut ihre Entscheidung von damals nicht. Und: Sie kann Mädchen eine Berufslaufbahn beim BGS nur empfehlen. Sie hätte beispielsweise ebenso die Fliegerstaffel interessiert. Denn auch Hubschrauberpiloten müssen beim BGS nicht unbedingt Männer sein. Letztendlich konnte sich die Thüringerin aber nur für den Dienst an der Grünen Grenze oder einen Objektschutz entscheiden. Für Ines Grahmann ist die Arbeit an der Grenze interessanter. Sie wollte nach Ebersbach, weil hier die Anzahl der illegalen Grenzübertritte besonders hoch ist. Die Gegend gefällt ihr, und das Zittauer Gebirge erinnert sie an ihre Heimat. Obwohl: Heimweh hat sie nicht. Als sie sich für den Berufsweg entschied, wusste sie, dass sie wahrscheinlich weit wegziehen muss. „Ohne Grund heißen wir nicht Bundespolizei.“ Auch dass sie im Schichtdienst arbeitet, stört sie nicht. „Mein Freund hat zum Glück fast immer dieselbe Schicht.“ Auch er ist beim BGS und saß mit ihr zusammen auf der Schulbank. Für Sport bleibt freilich nicht mehr so viel Zeit. Ganz ohne geht es aber nicht. Ines Grahmann sprintet jetzt in Löbau bei den „Eisernen“ vom OSC. Montags trainiert sie hier auch die Kinder.