Von Gabriel Wandt
Sie haben es bis zuletzt spannend gemacht, die Geistlichen, die den gestrigen Festgottesdienst in der Oybiner Bergkirche geplant haben. Der Posaunenchor rief die Menschen, nicht die Glocken. Die konnten die Menschen erst am Ende des Gottesdienstes gemeinsam läuten hören, zum ersten Mal seit rund 60 Jahren wieder.
Bis zum letzten Platz war die kleine, in den Fels gebaute Kirche gestern Nachmittag gefüllt, mehr als 300 Menschen wollten die Weihe der neuen, mittleren Glocke miterleben. Neben Annette Kalettka und Christian Mai, den örtlichen Pfarrern, waren beim Gottesdienst auch Superintendent Günter Rudolph und Oberlandeskirchenrat Rat Christoph Münchow dabei.
Glocke soll Frieden einläuten
Münchow bezog sich in seiner Predigt auf den Spruch, den die neue Glocke trägt: „Herr, mein Fels, meine Burg und Berg meines Heils“. Darin seien Beständigkeit und Schutz verdeutlicht, auf welche die Christen hoffen könnten. „Die Glocke macht dieses Vertrauen hörbar“, so Münchow. Außerdem erinnerte er an Anlässe, zu denen Glocken geläutet werden: Feuer, Sturm oder Krieg. „Ihre eigentliche Aufgabe aber ist es, den Frieden einzuläuten“, betonte Münchow, der in den 1980er Jahren im benachbarten Lückendorf gearbeitet hatte. „Es ist schön, dass heute wieder das volle Geläut erklingen kann.“ Zunächst allerdings wurden die Glocken einzeln geläutet. Die Pfarrer und Mitglieder der Kirchenvorstandes verlasen die Verse, die auf jeder Glocke stehen und erinnerten an ihre Geschichte. Dann wurden die Glocken einzeln geläutet, als zweite ertönte die neue Glocke. Eine gespannte Stille trat ein, leise wurde die Kirchentür geöffnet, um den Klang ins Innere hineinzulassen. Dann huschte ein Lächeln über viele Gesichter. Doch erst, nachdem der Gottesdienst beendet war, läuteten alle drei Glocken gemeinsam.
Neues Dach im Frühjahr
Pfarrer Christian Mai informierte, dass die Glocken in Oybin nun drei Mal täglich zu hören sein werden, wie es in den umliegenden Orten auch üblich ist. 8Uhr, 12Uhr und 16Uhr sind die Zeiten, an denen ab heute geläutet wird.
Die Glockenweihe ist ein Teil der Sanierung der Oybiner Bergkirche. In den vergangenen Monaten wurde der Turm stabilisiert, im Frühjahr erhält das als Hochzeitskirchlein weit bekannte Gebäude ein neues Dach. Für die Arbeiten sammelt die Kirchgemeinde seit 2001 Spenden. 98000Euro sind mittlerweile zusammengekommen. Die Sparkassenstiftung ermöglichte es, dass die Kirche eine neue Glocke erhielt. Am 20. Juli wurde die Glocke in Lauchhammer gegossen. Rund 40 Männer und Frauen aus der Kirchgemeinde haben damals das Schauspiel verfolgt, und auch, als die Glocke nach Oybin gebracht wurde, waren viele Interessierte dabei. Im Frühjahr beginnen die Arbeiten am Dach. Die Gerüste dafür stehen schon bereit.
Mit Blick auf die voll besetzte Kirche lud Oberlandeskirchenrat Christoph Münchow die Menschen gestern ein, wiederzukommen. „Ich freue mich, dass so viele gekommen sind, ohne dass die Glocken läuteten. Wenn sie dann läuten, wird die Kirche hoffentlich wieder so voll.“