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300 Polizisten ziehen bald um

Die neue Polizeidirektion Görlitz erfüllt alle Erwartungen. Dafür dauerte der Bau lange und wurde sehr teuer.

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Von Ralph Schermann

Die neue Polizeidirektion Görlitz steht kurz vor dem Start. Letzte Bauarbeiten sollen bis August abgeschlossen sein, im September erfolgt der Probebetrieb, und am 1. Oktober wird Polizeipräsident Conny Stiehl die Hausschlüssel in Empfang nehmen. So sieht es der letzte Fahrplan vor, über den gestern Norbert Seibt vom Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement Innenminister Markus Ulbig (CDU) und zahlreiche geladene Gäste auf einem Rundgang durch das ehemalige Waggonbauwerk I informierte.

Februar 2009: Als das sächsische Finanzministerium mit der WBG Görlitz einen Vertrag über den Umbau des alten Waggonbauwerkes I mit künftiger Vermietung an die Polizei schloss, sah die Industriebrache noch so aus.
Februar 2009: Als das sächsische Finanzministerium mit der WBG Görlitz einen Vertrag über den Umbau des alten Waggonbauwerkes I mit künftiger Vermietung an die Polizei schloss, sah die Industriebrache noch so aus.
April 2012: Die WBG war überfordert. Statt 2011 fertig zu sein, stockte alles. Der Freistaat sprang ein, Hinter der Plane sorgte der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) für Baufortschritte.
April 2012: Die WBG war überfordert. Statt 2011 fertig zu sein, stockte alles. Der Freistaat sprang ein, Hinter der Plane sorgte der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) für Baufortschritte.
Sachsens Innenminister Ulbig (l.) sah in der künftigen Polizeidirektion gestern ideale Arbeitsbedingungen für Präsident Stiehl und seine 300 Mitarbeiter. Fotos: Trenkler, Sosnowski, Schermann
Sachsens Innenminister Ulbig (l.) sah in der künftigen Polizeidirektion gestern ideale Arbeitsbedingungen für Präsident Stiehl und seine 300 Mitarbeiter. Fotos: Trenkler, Sosnowski, Schermann

Der Weg durch die insgesamt fünf Gebäude über mehrere Etagen und durch unzählige Keller war lang, noch weiter aber war der Weg des Baus insgesamt. 2007 zum Beispiel war längst nicht klar, ob Görlitz überhaupt den Sitz einer Polizeidirektion erhalten soll. Vor allem Landtagsabgeordneter Volker Bandmann brachte diese Forderung immer wieder ein.

Der Entschluss gegen Bautzen als Alternative galt als Zeichen der Bedeutung der Grenzregion. 2009 wurde mit einem Vertrag die Umgestaltung des ehemaligen Werkes an der Brunnenstraße besiegelt. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft übernahm das Areal mit dem Ziel, es zur Polizeidirektion auszubauen und entsprechend zu vermieten. 2011 lautete der Anspruch, der aber scheiterte. 2012 sprang der Freistaat ein und kaufte das Grundstück und den bisher fertigen Rohbau für 9,8 Millionen Euro.

Nach dem schleichenden Beginn ging nun der Bau in nur zwei Jahren zügig voran. „Es ist den Planern eindrucksvoll gelungen, die bestehende Architektur mit zeitgemäßen Gebäudeanforderungen in Einklang zu bringen“, würdigte gestern Norbert Seibt. Tatsächlich war es eine große Herausforderung, klassische und Stahl-Glas-Fassaden so umzugestalten, dass sie der Wärmedämmung, dem Schallschutz, dem Denkmalschutz und der polizeiinternen Sicherheit genügen. In die Gebäude des Viertels zwischen Brunnen-, Christoph-Lüders- und Conrad-Schiedt-Straße mit 5 200 Quadratmeter Nutzfläche sollen bis Jahresende die Behördenleitung der Polizeidirektion, die Verwaltung, die Kriminalpolizeiinspektion, das Führungs- und Lagezentrum sowie viele Spezialbereiche einziehen. Für diese Nutzung wurden 340 Türen, 600 Fenster und 270 Kilometer Kabel eingebaut, fünf Treppenhäuser geschaffen, ein Aufzug für die Barrierefreiheit montiert, waren 98 Firmen im Einsatz. Im Hof finden Fahrzeuge unter nun offenen Hallen Unterstand, für den Funkbetrieb wurde extra ein Mast errichtet. Zellen im Keller, Waffenkammern hinter Tresortüren und Dusch-Schleusen für Brandursachenermittler stehen nur als drei Zeichen des modernen Standes. Wo es ging, waren regionale Firmen Auftragnehmer, alle Schränke zum Beispiel lieferte der Büromöbelhersteller OKA aus Neugersdorf. Für die Koordinierung der Ausstattung und der Farbgestaltung der einzelnen Häuser hatte Präsident Stiehl mit Heike Scherzer sogar eine eigene Sachbearbeiterin beauftragt.

Für viele der künftig hier arbeitenden 300 Beamten, davon 80 aus Bautzen, stehen schon die Namen an den Türen. Auf der Endrechnung indes stehen 22,5 Millionen Euro. Damit ist der langjährige Bau aus dem Haushalt gelaufen, denn einst waren lediglich 16 Millionen geplant. Kein Wunder, dass der Landesrechnungshof erstmals schon 2011 bemängelte, dass hier ein Haushaltsrisiko heranwuchs. Manche Entwicklung, zum Beispiel der Fahndungstechnik, war freilich 2009 auch nicht absehbar.

Was aus der Waggonhalle geworden ist, ließ gestern OB Siegfried Deinege staunen. „Das ist eine riesige Nummer für Görlitz“, sagte der ehemalige Waggonbauer – und suchte vergeblich sein einstiges Büro.