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38000 Pendler verlassen den Kreis täglich

Rund 16 Tage verbringt Jens Winter jährlich nur auf der Autobahn. Der 36-jährige Döbelner arbeitet seit zweieinhalb Jahren in Dresden und pendelt montags bis freitags in die Landeshauptstadt. Für ihn ist das nicht schlimm.

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Von Peggy Zill

Rund 16 Tage verbringt Jens Winter jährlich nur auf der Autobahn. Der 36-jährige Döbelner arbeitet seit zweieinhalb Jahren in Dresden und pendelt montags bis freitags in die Landeshauptstadt. Für ihn ist das nicht schlimm. „Ich fahre schon immer viel. Früher musste ich regelmäßig nach München und Nürnberg fahren und war nur am Wochenende zu Hause.“ Nun kann er seine Frau, die in Döbeln einen Arbeitsplatz hat, täglich sehen. Unterdessen habe er auch regelmäßig Mitfahrer für die Strecke. Und manchmal nimmt er sogar sein Fahrrad mit nach Dresden. „Dann stelle ich mein Auto ab und radle das letzte Stück zur Arbeit.“ An einen Umzug nach Dresden haben die beiden schon gedacht. Dann würde allerdings seine Frau pendeln müssen. „Daher haben wir das momentan nicht vor“, erklärt Jens Winter.

Zahl der Einpendler steigt

Wie ihm geht es vielen Mittelsachsen. Im vergangenen Jahr gab es rund 38000 Auspendler und etwa 22000 Einpendler. Die Zahl der Menschen, die den Landkreis für ihren Job verlassen, ist erstmals wieder leicht gesunken. Und seit Jahren werden es mehr Menschen, die aus anderen Landkreisen nach Mittelsachsen kommen. Mehr als ein Drittel der Auspendler zieht es zur Arbeit nach Chemnitz, gefolgt von Dresden, Zwickau und dem Erzgebirgskreis. Bei den Döbelnern steht Leipzig auf Platz 1. Danach kommen Hainichen und Meißen.

Passend zu dieser Statistik pendelt auch Carlo Ziegeler täglich nach Leipzig. Im Jahr 2006 ist er von der Großstadt mit seiner Familie nach Waldheim gezogen und nahm damit einen langen Arbeitsweg in Kauf. Der Umzug brachte für ihn aber mehr Vorteile: „Wir haben nun ein größeres Haus und vor allem einen Garten mit Platz für die Kinder. Außerdem ist alles Wichtige wie Schule und Kindergarten schnell erreichbar.“ Da er gerne Auto fahre, sei das Pendeln auch nicht anstrengend. „Im Gegenteil, häufig arbeite ich die Zeit auf der Autobahn schon und führe die Telefonate, für die ich Zeit und Ruhe brauche“, erklärt Carlo Ziegeler. Wieder zurück nach Leipzig ziehen? Für Carlo Ziegeler keine Option. „Die Stadt ist mir zu laut, zu hektisch, zu groß.“ Und so wird er weiterhin täglich bis zu drei Stunden im Auto sitzen und dabei mindestens 150 Kilometer zurücklegen.

Für die Region typisch

„Mittelsachsen weist starke Pendlerverflechtungen auf. Für eine Region, die umgeben von größeren Städten ist und eine gute Infrastruktur hat, ein normales Bild“, erklärt Volkmar Beier, Sprecher der Arbeitsagentur Oschatz. Für Sabine Zimmermann, Regionsvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes Südwestsachsen steht fest, dass die hohe Zahl der Auspendler den mittelsächsischen Arbeitsmarkt entlastet. „Der Preis der erhöhten Mobilität ist zunehmender Stress, insbesondere bei den sogenannten Fernpendlern, bis hin zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen“, so Zimmermann. Mit dieser Entwicklung dürfe man sich aber nicht abfinden, sondern die Politik und Wirtschaft müssen für mehr Arbeitsplätze in der Region sorgen.

Für den Chef der Arbeitsagentur Oschatz Thomas Iser belegen die Pendlerzahlen, dass der Arbeitsmarkt keine Grenzen kennt: „Betriebe brauchen für Fachkräfte einen großräumigen Einzugbereich und umgekehrt auch.“ Betriebe legen schließlich keinen Wert darauf, aus welcher Region ihre Arbeitnehmer kommen, sondern was sie können. So werden laut Iser regionale Ungleichgewichte ausgeglichen.