Von Heike Sabel
Nur noch die Spitzen des weißen Zauns auf der Wiesenstraße gucken aus dem Wasser. Doch an der Hauswand ist zu sehen, es stand noch gut 30 Zentimeter höher. Die Frau hinter der Gardine schaut vorsichtig raus, als das Boot vorbeituckert. Sie würde sonst nicht nach jedem Auto schauen, das hier vorbeifährt. Doch jetzt, da überhaupt keines fährt, ist das Boot der Deutschen Lebensretter doppelt etwas Besonderes. Aus ihrer Wohnung raus will die Frau nicht. Jedenfalls zieht sie die Gardine schnell wieder zu. Einen Meter steht das Wasser gestern Mittag noch auf der Straße.
Auf der Pillnitzer Straße sind es zum Teil sogar noch 1,50 Meter. Auch auf der Elb- und Wasserstraße sieht es ähnlich aus. Hier haben die Retter noch am Donnerstag Leute rausgeholt. Ein älteres Ehepaar auf der Zillestraße will nicht weg. Es wird auch nicht gezwungen, obwohl es den Rettern lieber wäre, die beiden gingen. So wissen sie aber wenigstens, wer wo noch in den Häusern wohnt.
In den Gärten an der Elbstraße sind einige kleine Hütten umgefallen, ein Gartenzwerg mit roter Zipfelmütze, Gartenstühle und viel Holz kommen angeschwommen. Links sind drei Garagen fast komplett unter Wasser. An einigen Häusern hält sich das Wasser an den Fensterbrettern. Es ist, als ob es überlege, ob es weiter zurückgehen soll.
Ein Stück weiter in Richtung Elbe ist die Straße ein paar Meter trocken. Es ist der alte, etwas erhöhte Bahndamm.
Rechts der Damm war am Donnerstag noch nass und weich, jetzt wagt sich Christian Sycksch ein paar Meter voran. Doch er kommt schnell wieder, obwohl auch hier das Wasser den Rückzug angetreten hat.
39 Zentimeter in acht Stunden musste die Elbe gestern an Heidenau zurückgeben. An vielen Stellen ist das zu sehen. Dort, wo jetzt Dreck und Unrat auf der Straße liegen, stand vorher braune Brühe. Besser erkennbar und eindeutiger als mancher Pegel. Oder dort, wo der Putz am Haus dunkler und fleckig ist. Wie auf der Dresdner Straße 24. Etwa 30 Zentimeter breit ist der dreckige Streifen, der ein Drittel der Fenster bedeckt. Doch auch 30 Zentimeter weniger sind noch viel zu viel Wasser.
Rauschgift im Paddelboot
An der Kreuzung Dresdner/Ringstraße läuft das Boot wieder auf Grund. Auch hier hat die Straße der Elbe wieder ein paar Meter abgerungen. Der Bäcker hat zwar noch zu, verweist aber auf seine Filiale auf der Rädelstraße. In Höhe des Hauses Nr. 17 ist das Wasser noch etwa 30 Zentimeter tief. Die Hausbewohner haben ihre Haustür abgeklebt und mit Sandsäcken verbarrikadiert. Es sieht aus, als ob es geholfen habe.
An der Drogenmühle zieht Christian Sycksch das Boot ins fast Trockene. Hier wartet ein Ehepaar. Die beiden wollen auf die Elbstraße, die Herztabletten der Frau holen. Für drei Tage hatte sich die Frau eingedeckt, doch die sind nun rum. Christoph Halle wirft noch einmal den Motor an, Christian Sycksch schiebt das Boot wieder ins Wasser. Ab und zu helfen die beiden jungen Männer der DLRG Leuten, auch wenn ihr Boot nicht als Shuttle gedacht ist. Aber es beruhigt die Menschen. Wie den Mann, der seine Katzen füttern wollte. Und es hilft, wie bei der Frau mit den Herzproblemen. Als das Ehepaar zurückkommt, vergisst der Mann in der Aufregung fast den Beutel mit den Medikamenten im Boot. Beim nächsten Mal wollen sie wieder zu Fuß und trocken nach Hause.
Das wollten offensichtlich schon jetzt junge Leute, die in der Nacht zu gestern mit dem Schlauchboot auf Heidenaus Wasserstraßen unterwegs waren. Doch das ist den Hilfs- und Rettungskräften, insbesondere von DLRG und Feuerwehr, vorbehalten. Die DLRG fischte die Paddler dann auch aus dem Wasser und übergab sie der Polizei. Bei der Kontrolle stellte sich heraus, die jungen Leute hatten Rauschgift an Bord. Es soll sich zwar nur um kleine Mengen gehandelt haben, eine Anzeige gibt es trotzdem.