Von Katja Schäfer
Ganz und gar ungewöhnliches Gepäck hat Karl Dominick, wenn er in wenigen Tagen nach Sibirien fliegt. Fischbabys. Setzlinge sagt der Fachmann dazu. 30 000 Stück. Dazu einige ausgewachsene Brutpaare. Damit sie die Reise im Frachtraum gut überstehen, wird ständig Sauerstoff in ihr Wasser geblasen. Styropor-Boxen schützen die Behälter vor Kälte.
Bei den Tieren handelt es sich um Tilapia, afrikanische Buntbarsche. Jetzt schwimmen sie noch in den großen, runden Wasserbecken der Kirschauer Aquakulturen. Die Firma züchtet in einer Halle auf dem Gelände des einstigen Textilbetriebes Vegro Speisefische. Bald leben die Tilapia 3 000 Kilometer weiter östlich. In Sibirien. Kurz vor der Grenze zu Kasachstan. Dort geht eine große Anlage für die Indoor-Fischzucht in Betrieb. Sie gleicht der, die in Kirschau steht. Entwickelt, gebaut und geliefert wurde sie von der Kirschauer Firma Puricare. Geschäftsführer ist Karl Dominick. „Zugleich bin ich Vertriebs- und Marketingchef sowie technischer Leiter“, sagt der Kirschauer lachend. Personal leiht sich sein Unternehmen von den Kirschauer Aquakulturen aus. Auch diese Firma gehört Dominick. Acht Beschäftigte hat sie. Vier davon sind ausgebildete Fischwirte.
Karl Dominick hat schon in seiner ursprünglichen Heimat Südafrika mit seinem Bruder große Anlagen für die Wasseraufbereitung gebaut. „Die wollten wir auch in Deutschland verkaufen. Dafür brauchten wir ein Referenzobjekt“, erzählt der umtriebige Unternehmer, der auch die Bautzener Firma LetMeRepair führt, die unter anderem Computer repariert. So entstand in Kirschau die Fischzuchtanlage. Jene, die jetzt in Sibirien in Betrieb geht, hat einen Wert von einer Million Euro. Sie ist die erste, die Puricare Kirschau ausliefert und die zweite, die das Unternehmen gebaut hat – nach der in Kirschau stehenden. Die Glasfaserbecken kommen aus Südafrika. „Pumpen, Steuereinheiten und andere technische Komponenten beschaffen wir hier vor Ort“, sagt der Geschäftsführer. In Kirschau wird alles komplettiert und bereit gemacht für die Reise. Doch wie kommen 45 Becken, die Durchmesser zwischen 3,60 Meter und sieben Meter haben, erst von Südafrika nach Kirschau und dann von dort nach Sibirien? „Wir haben ein Baukastensystem entwickelt“, verrät Karl Dominick. Die Böden der runden Becken bestehen aus acht „Pizza“-Stücken; die Seitenwände aus vier Viertelschalen. Für den Transport wird alles ineinander geschichtet. Erst am Einsatzort werden die Teile zusammengeklebt. So passte die Anlage für Sibirien, die aufgebaut eine Fläche von 24 mal 60 Metern einnimmt, in fünf Lkw-Sattelzüge. Im November und Dezember letzten Jahres wurde sie installiert. Jetzt erfolgt die Inbetriebnahme. Dafür geht Nick Zimmer heute gemeinsam mit drei Monteuren für drei Monate nach Sibirien. Der 28-jährige Fischwirt kümmert sich normalerweise in Kirschau um das Wohl der Fische, die dort schlüpfen, aufwachsen und gefangen werden, um in Restaurants und Wohnungen auf den Tellern zu landen. Im nächsten Vierteljahr ist er dafür verantwortlich, dass auch in der sibirischen Anlage optimale Bedingungen herrschen für die Tilapia, deren Anfangsbesatz Karl Dominick Ende März im Flugzeug mitbringt. „Das ist eine große Herausforderung für mich. Aber ich werde das schon hinkriegen“, sagt Nick Zimmer, der extra Russisch gelernt hat.
Die nächsten Anlagen hat Puricare schon in Planung. Zwei für Gera, je eine für Schwerin und Meißen. Verhandlungen laufen außerdem mit Moskau und Irland.