Abenteuer zum Mitnehmen

So ganz ohne Erfahrung kann man als Tramper schon mal verzweifeln. Spätestens nach einer Stunde des Wartens. Stehe ich hier richtig oder wäre die nächste Ecke besser? Wirkt mein Lächeln vielleicht doch zu verkrampft? Ist mein Schild überhaupt zu lesen? Auch Elisa Stahnke stellte sich solche Fragen, als sie vor vier Jahren zum ersten Mal den Daumen raus hielt.
Spontan hatte sich die heute 28-Jährige, die als Anästhesieschwester an der Uniklinik arbeitet, damals dazu entschieden, gemeinsam mit ihrem Freund am sogenannten Tramperrennen teilzunehmen. Das gibt es schon seit 2008 – mit ständig wachsender Fangemeinde.
Von Coswig aus ging es 2015 hinauf zur polnischen Ostsee – was die Teilnehmer wie immer erst unmittelbar vor dem Start erfuhren. Ob es Anfängerglück war oder Talent, das weiß sie nicht, aber sieben Stunden später erreichten sie tatsächlich als Erste den Zielort. „Wir konnten es selbst kaum glauben“, erinnert sich Elisa. „Ein Bus mit einer polnischen Schulklasse hatte uns fast bis hin gefahren.“ Als Preise gab es eine Tafel Schokolade und eine Medaille. „Viel wichtiger waren uns aber die Erfahrungen und die tollen Menschen, die wir kennengelernt haben“, sagt sie. Im Jahr darauf trat sie selbstverständlich beim nächsten Tramperrennen zur Titelverteidigung an und wurde immerhin Sechste.
Längst hatte Elisa Stahnke da die Lust am Trampen entdeckt. Im Urlaub in den USA besorgten sie und ihre Freund sich selbst ein Auto, nahmen aber immer wieder Anhalter mit. Unterdessen machten die damaligen Organisatoren des Tramperrennens 2017 und 2018 Pause, Womöglich würde es auch dieses Jahr keins geben, wenn da nicht eine junge Frau aus Dresden selbst das Heft in die Hand genommen hätte, die inzwischen stolze Mama geworden war. „Erst war das nur so eine fixe Idee“, sagt Elisa, dann aber sei die Sache schnell ins Rollen gekommen. Ab Ende vergangenen Jahres werkelte sie zusammen mit zwei Freunden am Konzept. Gemeinsam legten sie Dresden als diesjährigen Startort fest und suchten sich ein Ziel jenseits der deutschen Grenzen – das natürlich auch dieses Mal wieder bis zuletzt streng geheim gehalten wird.
Inzwischen ist die Planung fast abgeschlossen. Start ist am 8. Juni um 8 Uhr am Goldenen Reiter. Bereits am Abend davor soll es ein erstes gemeinsames Treffen im Alaunpark geben. Wenn der Startschuss gefallen ist, dürfen innerhalb Dresdens öffentliche Verkehrsmittel genutzt werden. Ab der Stadtgrenze ist nur noch Trampen erlaubt. Bis zu 100 Teilnehmer können sich online für einen Unkostenbeitrag von schlanken 5 Euro anmelden. Voraussetzungen gibt es praktisch keine. Nur mindestens 18 Jahre alt sollte man sein. Getrampt wird in Zweierteams, wobei auch Einzelanmeldungen möglich sind. Erfahrungen werden nicht vorausgesetzt. Bislang sind 25 Plätze vergeben. Die Anfragen kommen aus dem ganzen Land. Darunter sind echte Fans, die sehnlichst auf die Neuauflage des Tramperrennens gewartet haben.
„Auch diesmal wird es am Ende weniger um den Sieg gehen und viel mehr darum, gemeinsam ein großes Abenteuer zu erleben“, sagt Elisa. Traditionell finden sich alle Teilnehmer – zumindest die, die auch angekommen sind – am Abend nach dem Rennen zu einem Lagerfeuer und gemeinsamen Essen zusammen. „Dabei sind schon die besten Freundschaften entstanden“, sagt Elisa.
Sie selbst wird diesmal voraussichtlich nicht am Rennen teilnehmen. „Mit Kind ist das ja wegen der Autositzproblematik nicht so einfach“, sagt sie. Außerdem erwartet sie im Sommer ihr zweites Kind und wird als Mitorganisatorin mit Sicherheit auch so keine Langeweile haben.
„Unser großer Wunsch ist es, trampen wieder hipper zu machen.“ Das Misstrauen und Desinteresse sei leider gerade sehr groß, ganz anders als noch zur DDR-Zeiten. „Dabei ist das eine umweltfreundliche Art der Fortbewegung, bei der man sogar noch seinen eigenen Horizont erweitern kann. Was will man mehr?“
Einen Tipp für erfolgreiches Trampen verrät sie schon mal: An Raststätten und Tankstellen gezielt Leute anzusprechen, bringe heutzutage mehr Erfolg, als nur den Daumen rauszuhalten.
www.tramperrennen.de