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Abriss oder Denkmalschutz?

In Königsbrück sollen Häuser im Neuen Lager verschwinden, in Kamenz das alte Gefängnis. Das gefällt nicht jedem.

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Von Annett Kschieschan

Johannes Scheller kann sich für Geschichte begeistern. Besonders dort, wo sie vor der Haustür greifbar wird. Und genau deshalb ist der Denkmalpfleger aus Großgrabe zurzeit ziemlich sauer. Er fürchtet nämlich, dass in naher Zukunft gleich zwei historisch wertvolle Orte im Kamenzer Land verschwinden könnten. Das ehemalige Gefängnis in Kamenz liegt Johannes Scheller schon lange am Herzen. „Was könnte man da draus machen. Ein Museum, in dem man ganz authentisch Stadtgeschichte erlebbar machen kann“, sagt er. Und wie es früher so in Gefängnissen zuging – das interessiere doch auch heute noch.

Das ehemalige Kamenzer Gefängnis am Damm ist in Privatbesitz. Weil es nicht unter Denkmalschutz steht, darf es auch abgerissen werden.
Das ehemalige Kamenzer Gefängnis am Damm ist in Privatbesitz. Weil es nicht unter Denkmalschutz steht, darf es auch abgerissen werden.

Das stellt man im Kamenzer Rathaus auch nicht infrage. Trotzdem stehen die Chancen für ein Gefängnis-Museum eher schlecht. Natürlich müsse sich eine Stadt um ihre Vergangenheit kümmern, die sich insbesondere durch Gebäude manifestiert. Dabei spielen aber auch finanzielle Fragen mit hinein, heißt es aus der Stadtverwaltung. Letztlich befinde sich das alte Gefängnis nun einmal in privater Hand. „Dazu kommt, dass das Gefängnis im Gegensatz zum Amtsgericht nicht unter Denkmalschutz steht, sodass auch von hieraus kein öffentliches Interesse am Erhalt des Objektes abgeleitet werden kann“, so Rathausmitarbeiterin Simone Rietscher. Sie verweist außerdem auf den „ausgesprochen schlechten baulichen Zustand“ und die „starke funktionale Prägung“, die eine Umnutzung nur begrenzt zulassen würde. Die Etablierung eines weiteren kommunalen Museums werde aufgrund der zu erwartenden laufenden Kosten des Betriebes nicht erwogen, heißt es klar aus dem Rathaus.

In vielerlei Hinsicht ähnlich sieht es bei dem zweiten historischen Objekt aus, das Johannes Scheller am Herzen liegt. Der geplante Abriss im Neuen Lager am Königsbrücker Stadtrand ist für den Geschichtsfreund ein großes Ärgernis. Die Gebäude, die bis zur politischen Wende von der sowjetischen Armee genutzt wurden, seien historisch bedeutsame Bauten, auf die eine Stadt mit Geschichtsbewusstsein nicht verzichten dürfe. Der Abriss sei ein Armutszeugnis. Das mag man im Königsbrücker Rathaus nicht auf sich sitzen lassen. Dort macht man sich seit Jahren ebenfalls Sorgen um das Neue Lager. Allerdings aus Sicherheitsgründen. „Der bauliche Zustand der Häuser ist desolat“, weiß Bürgermeister Heiko Driesnack. Dementsprechend groß sei die Gefahr für Spaziergänger, von denen einige regelmäßig die Verbotsschilder ignorieren, um in den einst durchaus beeindruckenden Häusern herumzustromern. Unzählige Fotos im Internet beweisen das. Eine neue Nutzung der Häuser, wie auch Johannes Scheller sie vorschlägt, sei nicht in Sicht. Es habe zwar in den letzten zwanzig Jahren hier und da mal Interessenten gegeben. Mit Blick auf Arbeitsaufwand und Kosten seien die aber wieder abgesprungen. Und eine öffentliche Nutzung für das riesige, von Wald umgebene Areal sei illusorisch.

In diesem Jahr nun hat Königsbrück die Chance, Fördermittel für den Abriss zu bekommen. Natürlich nur, wenn der Denkmalschutz zustimmt. Vertreter waren erst vor wenigen Tagen zu einem Vor-Ort-Termin im Neuen Lager. Das endgültige Ergebnis der Beratung steht noch aus. Geben die Denkmalschützer Grünes Licht, will die Stadt die entsprechenden Anträge auf Fördergeld stellen. Bald könnten die Häuser im Neuen Lager also tatsächlich Geschichte sein. Allerdings nicht so, wie es sich Johannes Scheller wünschen würde. Er will weiterkämpfen – für den Erhalt historisch wertvoller Bauten im Kamenzer Land.