Von Madeleine Siegl-Mickisch
Am Sonntag hat Andreas Sureck seinen letzten Gottesdienst in der Purschwitzer Kirche gefeiert. Nun liegen Karten und Abschiedsgeschenke in seinem Büro. Nach gut 20 Jahren als Pfarrer in Purschwitz und Kleinbautzen verlässt Sureck die Oberlausitz. In Zehren bei Meißen wartet eine neue Pfarrstelle auf ihn. Denn aller zehn Jahre fordert die Landeskirche ihre Pfarrer auf, sich neu zu orientieren. Und er habe sich selbst gesagt: Jetzt, mit 55, sei der richtige Zeitpunkt, noch einmal etwas Neues zu beginnen. Eigentlich hätte er sich ja auch vorstellen können, irgendwo in Skandinavien Pfarrer zu sein. Aber die Sprache zu lernen, dazu habe es hier kaum Gelegenheit gegeben. „So bleibt das eben mein Traum“, sagt Andreas Sureck lachend.
Doch auch in der Oberlausitz musste Sureck, als er Anfang der 1990er-Jahre hierherkam, eine andere Sprache lernen. Auf dem Lande haben viele Menschen doch ein anderes Verständnis von Religiosität, hier geht es meist etwas frommer zu als in der Großstadt, stellte er fest. Er habe sich damals als liberal und tolerant vorgestellt, erinnert sich Andreas Sureck. Einige befürchteten aber wohl eine zu große Offenheit. Auch äußerlich habe er mit den damals noch längeren Haaren wahrscheinlich nicht dem erwarteten Bild von einem Pfarrer entsprochen, denkt er schmunzelnd zurück. „Ich bin eben eher der Arbeiterpriester anstatt Hochwürden.“
In einer Leipziger Arbeiterfamilie ist Andreas Sureck aufgewachsen, nach der zehnten Klasse lernte er Drucker. Mit Kirche kam er damals nicht in Berührung. Erst mit 22 Jahren ließ er sich taufen. „Als junger Mensch stellt man vieles infrage, auch die eigene Weltanschauung.“ Dazu kam die Unzufriedenheit mit der damaligen Gesellschaft. So nahm ein Freund ihn mal mit in die Kirchgemeinde. „Im Leipziger Westen gab es damals einen Pfarrer, der gut mit Jugendlichen umgehen konnte.“ Das beeindruckte ihn. Erst recht, als eben dieser Pfarrer ihm sagte, dass er ihm zutrauen würde, Theologie zu studieren.
So begann Andreas Sureck mit 25 Jahren an der Kirchlichen Hochschule in Leipzig. „Es war mühsam“, erinnert er sich. Zwischenzeitlich habe er sogar überlegt, ob er eher sein Hobby – die Fotografie – zum Beruf machen sollte, blieb dann aber doch der Theologie treu. 1989 hatte er das Examen in der Tasche, kurz darauf wurde er Vater. Als im Sommer Familienangehörige und Freunde in den Westen gingen, überlegte er zusammen mit seiner Frau, wie und wo es für sie weitergehen sollte. „Eine befreundete Familie war nach Demitz-Thumitz gegangen.“ So entschied sich auch Andreas Sureck für die Oberlausitz. In den Schwestergemeinden Purschwitz/Kleinbautzen trat er seinen Dienst als Vikar an, 1993 wurde er hier als Pfarrer ordiniert.
Trotz aller Schwierigkeiten hat er seine Entscheidung nicht bereut. „Ich bin gern Pfarrer, weil ich gern mit Menschen arbeite.“ Allerdings müsse man in diesem Beruf heute neben der Seelsorge auch viele andere Aufgaben erledigen. So war Sureck in den zurückliegenden gut 20 Jahren oft auch Bauherr. Das ging schon bei seinem Antritt los, als erst einmal das Pfarrhaus in Purschwitz saniert werden musste. Es folgten Heizungseinbau und Orgelsanierung in der Purschwitzer und viele Restaurierungsarbeiten in der Kleinbautzener Kirche. Trotzdem nahm sich Sureck vor vier Jahren die Zeit, für ein Buch alle evangelischen Kirchen im gerade neu gebildeten Kirchenbezirk Bautzen-Kamenz zu fotografieren.
In seiner Gemeinde steht jetzt der Guss neuer Glocken für Purschwitz an, und die Scheune auf dem Pfarrhof muss noch in Ordnung gebracht werden. Doch Sureck sagt: „Ich kann getrost gehen.“ Denn es gebe eine zwar kleine, aber aktive Gemeinde. So kämen heute sonntags im Durchschnitt doppelt so viele zum Gottesdienst wie in den Anfangsjahren. Es sei ihm immer wichtig gewesen, das Ehrenamt zu fördern. Viel zum aktiven Gemeindeleben trage auch die Kirchenmusik unter Leitung von Kantorin Claudia Witschas bei.
Organisatorisch hat sich die Kirchgemeinde Purschwitz/Kleinbautzen, die heute weniger als 1 000 Menschen zählt, gerade neu aufgestellt. Seit Jahresbeginn gehört sie zum Kirchspiel Gröditz, in dem sich drei Pfarrer die Arbeit teilen. Der Gröditzer und der Weißenberger werden auch die Vertretung übernehmen, bis ein Nachfolger für Andreas Sureck gefunden ist. Ihn erwartet nach einem Vierteljahr Weiterbildungs-Auszeit dann in Zehren eine ähnliche Situation wie hier. Dort gibt es vier Schwesterkirchgemeinden und acht Kirchen.