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Abschied vom künstlichen Ozean auf der Cockerwiese

Nach fast vier Jahren baut das Sea Life seine Zelte in Dresden ab. Bevor es zum nächsten Stopp Cuxhaven geht, wurde das Inventar der Meerestanks gezählt.

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Von Doreen Hübler

Der Star hält Mittagsschlaf. Vom Oktopus ist heute nur ein Krakenarm zu sehen, der Rest versteckt sich dösend in einer Felsspalte. Fast so, als wäre der Tintenfisch beleidigt. Oder von Abschiedsschmerz geplagt. Ein Wort, das in der Baracke des Sea Life in den letzten Tagen ständig durch die Gänge schwebte. Der Abreisetermin steht: Am 24.Februar wird das Dresdner Meeresaquarium zum letzten Mal geöffnet. Nach fast vier Jahren in Sachsen zieht das Sea Life weiter nach Cuxhaven. Eine Entscheidung, die eigentlich schon viel früher geplant war. „Es gehört zum Konzept der Anlage, dass wir mobil sind“, sagt Michael Müller, Attraction Manager der Unterwasserwelt.

Normalerweise rotieren die neun deutschen Filialen des Aquariums aller zwei Jahre, der Erfolg in Dresden hat für Standhaftigkeit gesorgt. Kurzzeitig wurde sogar laut über Pläne zu einer festen Einrichtung auf dem Postplatz nachgedacht. Die sind von den Gästestatistiken inzwischen weggespült worden. Zwar kommen nach wie vor etliche Besucher, im Großen und Ganzen sei das Potenzial in der Stadt aber ausgeschöpft, so Müller.

Kurzfristige Wassergeburt

Die letzte Aktion auf der Blüherstraße ist eine große Inventur. Quasi als Vorbereitung auf den Umzug. Seit knapp einer Woche stehen die Mitarbeiter mit Listen vor den 30Tanks und durchsuchen die blaue Weite. Genauigkeit ist schwer. Ein Rochen hat sich kurzfristig zur Geburt entschlossen. Michael Müller schaut dem davonschwimmenden Elterntier hinterher, kneift die Augen hinter den Brillengläsern zusammen und sagt: „Ja, der hat tatsächlich gerade ein Ei gelegt.“ Und das jetzt, wenn die Inventurlisten fast vollständig ausgefüllt sind. Die Bestandsaufnahme im Meeresaquarium wird wohl eine Schätzung bleiben. Nachwuchs, der noch in der Schale steckt, muss bis zum nächsten Zähltermin warten. Das vorläufige Endergebnis: Im Sea Life schwimmen momentan etwa 2000Tiere.

In der Republik verstreut

Nicht alle haben Lust auf einen offiziellen Eintrag. Die kapriziösen Diven zum Beispiel, die es im Laufe der vergangenen Jahre zu einer gewissen Berühmtheit gebracht haben. Der verschlafene Oktopus oder der mit 20 Kilo Gewicht ausgesprochen stattliche Wrackbarsch namens „Seebold“. Ob sie sich jemals wiedersehen? Ende Februar wird das Innenleben des Sea Life in alle Himmelsrichtungen verstreut. Das in und das vor den Wassertanks. Einige Mitarbeiter wechseln nach Cuxhaven, andere suchen sich neue Herausforderungen. Traurig sei das, erklärt Mitarbeiterin Bianka Gottlieb. Das Team stimmt nickend zu. Bevor die Umzugskisten gepackt werden, soll noch ein Fest gefeiert werden. Damit der Abschied nach vier Jahren nicht allzu schwer fällt.

Ganz so einfach hat es ein Fisch nicht. Die eigene Entscheidung über die Zukunft fällt wohl ins Wasser. Der Bestand wird von Menschenhand auf die anderen deutschen Standorte verteilt. Sechs Wochen nach dem letzten Öffnungstag soll von der Unterwasserwelt auf der Blüherstraße nichts mehr zu sehen sein, sagt Michael Müller. Da, wo im künstlichen Ozean einst Haie schwammen, wird dann nur noch eine Frühlingswiese blühen.