Von Sven Görner
Ein paar bunte Striche in der Moritzburger Schulstraße sorgen derzeit für Diskussionen im Ort. Dort, wo sie auf den Asphalt und die Bruchsteine gesprüht wurden, soll die historische Mauer geöffnet werden. Sie trennt die schmale Straße von dem dahinter liegenden Grundstück. Noch befindet sich darauf eine Streuobstwiese. Aber ein Teil der Fläche wurde verkauft. Auf dieser ist ein Hausbau geplant. Die Zufahrt soll durch die Bresche in der Mauer ermöglicht werden.
Das Problem dabei ist: Die Mauer ist nicht nur sehr lang, sondern obendrein auch noch in einem guten baulichen Zustand. Mauern wie diese gab es früher viele in der alten Siedlung Eisenberg. Sie prägten das gesamte Ortsbild. Doch in den vergangenen Jahrzehnten sind immer mehr davon verschwunden. Entweder sie waren wie jetzt Bauvorhaben im Wege, oder sie fielen einfach in sich zusammen und die Steine wurden danach für etwas anderes verwendet. Solch eine lange zusammenhängende Mauer wie die in der Schulstraße ist im heutigen Moritzburg selten geworden.
Als die Gemeinderäte vor anderthalb Jahren über einen ähnlichen Fall wie den jetzt vorbereiteten Mauerdurchbruch entscheiden mussten, stimmten sie zunächst mehrheitlich dagegen. Sie waren der Meinung, dass die Mauer nicht für das geplante Bauprojekt geöffnet werden sollte. Stattdessen sollte der Investor seine fünf geplanten Häuser über eine Zufahrt am Kirchweg erschließen. Vermutlich wäre das Projekt dadurch geplatzt. Wenn nicht plötzlich ein altes Foto aufgetaucht wäre. Darauf war zu sehen, dass die Bruchsteinmauer damals schon einmal geöffnet war. Der Durchlass war irgendwann wieder geschlossen worden. Allerdings nicht mit Bruchsteinen, sondern mit Ziegelsteinen. Daraufhin nahm sich der Gemeinderat der Sache noch einmal an und gab schließlich mehrheitlich grünes Licht für die geplante neue Bresche.
Im Gegensatz zur Schließerstraße war die Mauer auf der Schulstraße in der Vergangenheit nicht schon einmal unterbrochen. Jedenfalls gibt es dafür keinen Beleg. Trotzdem stimmte der Technische Ausschuss des Gemeinderates der Öffnung zu. Zwar gab es laut Bürgermeister Jörg Hänisch (parteilos) sogar einen Vor-Ort-Termin, Anlass dafür sei aber nicht die Mauer gewesen. Vielmehr wollten sich die Mitglieder des Ausschusses ein genaueres Bild von der Höhe des geplanten neuen Hauses machen. Das soll nämlich nicht höher als die Nachbargebäude werden. „Ich habe bei der Besichtigung sogar explizit die Maueröffnung angesprochen“, sagt der Bürgermeister. Diese habe aber keine Rolle gespielt. „Mich hat es schon gewundert, dass es keinen Widerspruch gegeben hat“, ergänzt der Rathauschef.
Für Verwunderung sorgt die Entscheidung auch bei einigen Moritzburgern, die in der Vergangenheit mit ähnlichen Anliegen an die Gemeinde herangetreten waren, aber keinen Erfolg hatten. So gibt es auf der Schulstraße gleich zwei weitere Fälle, wo ebenfalls ein Stück Mauer verschwinden beziehungsweise versetzt werden sollte. Zustimmung gab es dazu von der Gemeinde nicht. Gelöst wurde das Zufahrtsproblem durch Wegerecht über andere Grundstücke. Diese Möglichkeit, so der Einwand einer der Anlieger, hätte auch im aktuellen Fall bestanden. „Dass die Mauern geschützt werden, ist in Ordnung. Allerdings sollten die Entscheidungen nachvollziehbar sein“, so die Meinung.
„Ich versuche jetzt schon, möglichst eine Gleichbehandlung zu erreichen. Allerdings sind das Einzelentscheidungen, die im Technischen Ausschuss gefasst werden“, ergänzt Jörg Hänisch. Diese haben bei Bauanträgen allerdings nur empfehlenden Charakter. Den Bescheid erteilt letztlich das Landratsamt.
Für die zu fällenden Bäume der Streuobstwiese hat der neue Besitzer übrigens schon neu pflanzen lassen. Im Garten des Kollwitz-Hauses.