Von Katja Solbrig
„Jeder, der sich für diesen Beruf entschieden hat, wusste, dass er sehr viel arbeiten muss“, sagt ein Arzt vom Neustädter Krankenhaus. Trotzdem ist für ihn und das gesamte medizinische Personal die Belastung in den vergangenen zehn Jahren enorm gestiegen. Viele Ärzte kennen die Situation, nach einem Arbeitstag zum Bereitschaftsdienst in der Klinik zu bleiben, nachts dann nur wenige Stunden Schlaf zu finden, weil Beschwerden der Patienten nicht nach der Uhrzeit fragen. Und am nächsten Morgen beginnt ein neuer Arbeitstag.
Das könnte sich nun ändern. Nach Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes und des Bundesarbeitsgerichtes muss der Gesetzgeber die Dienstzeiten neu regeln (siehe Kasten). Doch würde der Bereitschaftsdienst als normale Arbeitszeit angesehen werden, dann stehen die Krankenhäuser vor einem finanziellen Problem. Etwa 41 000 Ärzte zusätzlich würden dann deutschlandweit gebraucht, hat die deutsche Krankenhausgesellschaft errechnet.
„Das können wir finanziell gar nicht darstellen, wenn wir Personal rund um die Uhr voll bezahlen müssten“, sagt Stefan Todtwalusch, kaufmännischer Direktor des Diakonissenkrankenhauses. Das Haus beschäftigt 50 Ärzte. Ungefähr zehn Mediziner müssten dann neu eingestellt werden, schätzt Todtwalusch. Ab 1. April bleibt ein Arzt pro Abteilung zum Spätdienst bis 21 Uhr. „Das entlastet den Bereitschaftsdienst“, sagt Todtwalusch.
Das Krankenhaus Friedrichstadt arbeitet seit 1996 nach dem Prinzip, dass Ärzte nach dem Bereitschaftsdienst in der Regel frei haben. „Wenn Bereitschaftszeit in Arbeitszeit umdefiniert wird, dann fehlen uns mindestens 20 Ärzte“, sagt Personalchefin Ingrid Heine. Sie sieht aber keinen akuten Handlungsbedarf, denn noch ist kein neues Gesetz verabschiedet.
Holger Ostermeyer argumentiert ähnlich: „Noch wissen wir gar nicht, an welchen Arbeitszeiten sich eine neue Regelung orientiert“, sagt der Sprecher des Universitätsklinikums. „Deshalb wissen wir noch nicht, wie groß der Mehrbedarf sein wird.“ In der Uniklinik hat sich eine Arbeitsgruppe gegründet, um effektivere Dienstzeiten zu organisieren. „Wir müssen so wirtschaftlich wie möglich arbeiten, denn auf mehr Geld können die Kliniken nicht hoffen.“