Von Frank Oehl
In der Polizeidirektion Bautzen konnte Ende 2002 kurz durchgeatmet werden.. Erstmals seit 1995 wurden weniger Rauschgift-Fälle registriert. Die Zahl sank um 77 Fälle (16,3 Prozent) gegenüber 2001. Allerdings war und ist dies kein Grund, Entwarnung zu geben, so die Experten. Nur jedes zehnte Rauschgiftdelikt wird bekannt, und außerdem zeichnet sich weiter die Konzentration der Szene auf größere Städte ab, die hierzulande weitgehend fehlen. Und auch der permanente Wegzug junger Leute aus der Region verschleiert schon mal den statistischen Problemblick.
Für die Organisatoren der alljährlichen Präventionswoche gegen den Drogenmissbrauch vor allem bei Jugendlichen trifft dies freilich nicht zu. Jugend- und Sozialdezernent Benedikt Ziesch lud gestern im Auftrag der Landrätin zum Aktionsstart nach Radeberg ein. Im Hotel „Sportwelt“ gab`s Theater und andere Alarmzeichen. Ziesch: „Der Drogenkonsum hat weiter zugenommen.“ Und immer Jüngere griffen zu, weshalb nun vor allem die 12- bis 14-Jährigen Adressaten der Aufklärungskampagne seien. Hier arbeiten viele, wie Krankenkassen, Sozialverbände und Ämter, zusammen. Sind es aber schon genügend?
Der Bericht zur ambulanten Suchtkrankenhilfe in Sachsen 2002 verneint dies – insbesondere für den Landkreis Kamenz. In Ostsachsen ist er mit Abstand das Schlusslicht, was die Ausstattung mit Drogenberatern betrifft. Im vergangenen Jahr gab es einen auf 32 056 Einwohner, was in ganz Sachsen nur noch von Stollberg, Mittweida und Muldentalkreis unterschritten wird. „Regionen mit einem Versorgungsschlüssel von 1 zu 30 000 und weniger sind nicht in der Lage, ihren Versorgungsauftrag zu erfüllen“, heißt es im Bericht wörtlich. Die Gefahr bestehe, dass Personen mit Suchtstörungen nicht erreicht und Erkrankungen chronisch werden, mit erheblich gestiegenen Folgekosten. Dies wird allerdings vom Landratsamt zurückgewiesen. „Wir lehnen es ab, dass man uns vorschreibt, wie viele Drogenberater wir einstellen sollen“, so Ziesch auf SZ-Nachfrage. Die Suchtberatung werde für den Landkreis einerseits von Amtswegen, andererseits im Auftrag durch die Diakonie durchaus mit Erfolg betrieben. „Die freiwillige Aufgabe kostet uns in diesem Jahr 240 000 Euro, was beweist, dass wir sie sehr ernst nehmen.“ Im Übrigen bringe es sowieso nichts, wenn man städtische Ballungsräume und ländliche Gebiete auf diese Weise miteinander vergleiche. Tatsächlich weist der Suchtkrankenhilfebericht zum Beispiel für Hoyerswerda einen Drogenberater für bereits 18 634 Einwohner aus, was nur knapp schlechter als zum Beispiel bei Dresden-Stadt liegt. Effekte, die mit diesen Zahlen in Einklang stehen, sind kaum nachzuweisen, eher werden Schwerpunkte benannt.
Auch, wenn der südliche und mittlere Landkreis offenbar kein Hauptproblemgebiet ist, stehen die weiter gewachsenen Suchtgefahren natürlich im Mittelpunkt der Aktionswoche auch hier. Zum Beispiel an der Sorbischen Mittelschule Crostwitz. Hier organisiert das Awo-Projekt „Suchtprävention ohne Grenzen“, das auch in Polen und Tschechien wirkt, am Donnerstag einen Projekttag. 40 Schüler der 7. und 8. Klasse sind eingeladen, ihr Wissen rund um die Gefahren in Sachen Sucht und deren Abwendung zu erweitern. Außerdem:
Donnerstag, 22. Mai
8 und 11 Uhr: Film „Alaska.de“ mit Kreismedienstelle im Lessinggymnasium Kamenz für 7. und 8. Klassen
Freitag, 23. Mai
17 bis 22 Uhr: Anti-Drogen-Disco im Gasthof „Erholung“ in Kamenz-Jesau. 500 Schüler zwischen 12 und 14 sind eingeladen, weitere Interessenten willkommen.