Wenn ich mich entschließe, etwas anzupacken, gehe ich normalerweise davon aus, dass es mir gelingen wird. Wenn nicht, lasse ich lieber gleich die Finger davon. Trotzdem kommt es vor, dass „alles für die Katze ist“, der schnelle Erfolg sich als Strohfeuer entpuppt oder ungeahnte Hindernisse die gute Absicht schon im Keim ersticken. Das entmutigt mich umso mehr, je größer der persönliche Einsatz war.
Ich erinnere mich sehr gut an einen Morgen im Juni 2002. Ich arbeitete damals am Stadtrand von São Luís (Brasilien) mit Straßenkindern und Jugendlichen in extremen Situationen. Jahrelang schon wurde Junho (21 Jahre) in einem der Projekte begleitet. In den letzten Monaten hatte er mehrfach Gelegenheitsjobs gefunden und begonnen, für seine Familie ein Lehmhaus zu bauen. Bisher wohnten sie zu fünft in einem Loch von Zimmer ohne Fenster, Wasser und Strom. An jenem Morgen erreichte uns früh um fünf Uhr die Nachricht, dass der dreifache Vater in der Nacht erstochen worden wäre. Rivalitäten zwischen Drogenbanden, Alkohol im Spiel - dasselbe wie schon so oft. Außer einer Riesenwut und Trauer fühlte ich auch eine tiefe Entmutigung: Alles umsonst, zwecklos, die ganze Mühe bringt ja doch nichts¨… Von meinen brasilianischen Freunden lernte ich in den folgenden Tagen, nicht zu resignieren, sondern mit noch mehr Einsatz und Überzeugung weiterzukämpfen.
Dabei hat mir auch das biblische Gleichnis vom Sämann geholfen. Demnach brauche ich nicht zu resignieren, wenn meine Bemühungen nicht fruchten. Ich soll damit rechnen, dass nicht alles berechenbar ist und wissen, dass nicht alles von mir abhängt. Das Gleichnis lehrt mich, manches wesentlich gelassener anzugehen. Und es ermutigt mich, meine bescheidenen Samen auszusäen, gegen den allgemeinen Tenor, dass es ja doch nichts fruchtet. Denn ich weiß: Es wird nicht alles gelingen, aber „die auf guten Boden fallen, bringen bis hundertfache Frucht“.