Von Dieter Hanke
Das ist bedrückend: Nur 180 bis 200 Fahrgäste nutzen am Tag die Regionalbahn 110 von Meißen nach Nossen. Dagegen kostet der Unterhalt dieser Linie im Jahr an die 1,6 Millionen Euro, wofür der Landkreis Meißen und der Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) einstehen müssen. „Jeder Fahrgast, der diese Linie nutzt, wird vom Steuerzahler mit 26 Euro bezuschusst“, sagt VVO-Geschäftsführer Burkhard Ehlen.
Da abzusehen ist, dass der Freistaat Sachsen bei der Finanzierung des öffentlichen Nah- und Regionalverkehrs in den nächsten Jahren weiter kürzt, ist diese traditionelle Regionalbahnlinie von Meißen über Nossen nach Leipzig vom Aus bedroht. Mit einer besseren Auslastung steigen aber deren Chancen für einen Erhalt. Darum ging es auch den Teilnehmern eines kürzlichen Verkehrsforums im Gasthof Augustusberg in Nossen, wozu der SPD-Ortsverein Meißen eingeladen hatte. Mit den zahlreich erschienenen Bürgern diskutierten der Meißner Landrat Arndt Steinbach (CDU), der zugleich auch Verbandsvorsitzender des Verkehrsverbundes Oberelbe ist, und die verkehrspolitischen Sprecher der Landtagsfraktionen von SPD Mario Pacher und von Bündnis 90/Die Grünen Eva Jähnigen sowie VVO-Geschäftsführer Burkhard Ehlen.
An die 800 bis 1 000 Fahrgäste am Tag müssten es auf der Strecke sein, damit diese eine Zukunft habe. Das schätzt der VVO ein. Doch zurzeit belasten noch viele Probleme und Hemmnisse diese Regionalbahnlinie. Für die Fahrgäste ist sie nicht nur wegen der derzeitigen Erschwernisse durch den S-Bahn-Ausbau in Meißen wenig attraktiv. Wo klemmt die Schiene?
Da geht es um eine notwendige Bahnreform – die Deutsche Bahn kassiert zu hohe Netzentgelte auf den Regionalbahnstrecken – und dass der Freistaat seiner Verantwortung für den Nah- und Regionalverkehr besser wahrnehmen müsste. Denn allein drei Verkehrsverbünde haben auf dieser Strecke das Sagen. Es fehlen ein einheitliches Tarifsystem, abgestimmte Fahrplanangebote und Informationen für die Gesamtstrecke von Meißen nach Leipzig und zurück. Wichtig sei, dass wieder die Züge im Ein-Stunden-Takt verkehren und nicht wie jetzt im Zwei-Stunden-Rhythmus, wie SPD-Ortsvereinschef Matthias Rost und weitere Teilnehmer forderten. Es fehle eine durchgehende Verbindung von Meißen nach Dresden, wie es früher der Fall gewesen war. Eva Jähnigen sprach dazu und verwies auf das Konzept der Grünen „Sachsentakt 21“, wo es um einen integrierten Taktfahrplan geht, bei dem nicht allein Einzelstrecken, sondern deren Verknüpfung mit allen anderen Verkehrsmitteln im Mittelpunkt stehen. Der Bus-Parallelverkehr zur Bahnlinie 110 und besonders da auch der Schnellbus von Nossen nach Dresden seien hier für die Bahn kontraproduktiv.
Der Verkehrsverbund Oberelbe lässt deshalb jetzt auch ein Gutachten zur Regionalbahnstrecke 110 erarbeiten, in dem solche und andere Faktoren eine Rolle spielen. Auch der Verkehrsverbund Mittelsachsen wird da auf der Teilstrecke von Nossen nach Döbeln mit einbezogen. Im Sommer soll dieses Gutachten vorliegen und dann auch bei einem weiteren Verkehrsforum der Öffentlichkeit vorgestellt werden.
Weiter wird jetzt mit anderen Bahnverbindungen in Nord-West-Sachsen auch die Strecke von Meißen nach Leipzig neu ausgeschrieben, die derzeit von der DB Regio betrieben wird. Der Verkehrsverbund Nahverkehrsraum Leipzig erhofft sich da mit dem VVO kostengünstigere Angebote. Landrat Steinbach will den Vorschlag prüfen, weitere Haltepunkte an der Strecke zu schaffen. Im Gespräch waren besonders ein Halt am Geschwister-Scholl-Gymnasium Nossen oder auch am Kloster Altzella.