Von Bärbel Schumann
Im September will die Familie Hoffmann-Nicolai in ihrem neuen Haus in Zschörnewitz wohnen. Ob sie ihr Ziel erreicht, hängt nicht nur von der Bewältigung der vielen Arbeit ab, die bis dahin noch zu erledigen ist. Doch die junge Familie ist zuversichtlich. Schließlich musste sie in den letzten zweieinhalb Jahren schon viele schwere Situationen meistern. So ist für sie, ihre Familienangehörigen und die vielen Freunde dieses Vorhaben Ansporn zum Durchhalten.
Bei dieser Hitze sucht eigentlich jeder ein schattiges Plätzchen oder er nutzt sein Wochenende für einen Besuch im Freibad. Martin Nicolai und seine Lebensgefährtin Susanne Hoffmann sind dagegen mit ihrem kleinen Sohn Lucas von Großweitzschen nach Zschörnewitz gefahren. Von dort stammt der 26-jährige gelernte Tischler. Er hat das Grundstück seiner Eltern übernommen.
Erinnerungen an den Brand
Wo heute ein modernes Einfamilienhaus mit gelbem Putz steht, hat bis zum 19. Dezember 2004 das Paar in einem alten Bauernhaus gewohnt. Als die im sechsten Monat schwangere Susanne Sonntagmorgens das Mittagessen vorbereitete, versagte die Elektrik. Es knallte, als die junge Frau Elektrogeräte benutzen wollte. An diese Minuten erinnert sie sich heute noch genau: „Ich rief nach Martin, der noch im Bett lag. In der Nacht zuvor waren wir mit Freunden zum Bowling und kamen spät nach Hause. Martin stand sofort auf und schaute nach der Sicherung. Auf dem Weg dorthin bemerkte er, dass die Pferde seines Bruders draußen sehr unruhig waren.“
Beim Gang auf den Boden sah dann der junge Mann das Malheur. Es brannte. Sofort alarmierte er die Feuerwehr, rief dann nach seiner Frau und eilte in die Garage, um das Auto auf sichere Distanz zu bringen. Susanne Hoffmann dagegen packte wenigstens die Ausweise und die Chipkarten der Krankenkasse zusammen. Unterdessen war auch die Feuerwehr eingetroffen und versuchte den Brand zu löschen. „Nach dem Schornsteinbrand blieb nur noch eine Ruine übrig“, sagt Martin Nicolai.
Freunde und die Familie halfen mit Alltäglichem wie Kleidung aus. Bei der Schwester konnten beide vorerst wohnen bis eine Bleibe gefunden wurde. Seit jener Zeit wohnen die beiden in Großweitzschen.
Ein Unglück kommt selten allein: Anwesen samt Wohnung waren unterversichert. „Die Versicherung zahlte uns einen Teilbetrag. Ich kann allen nur empfehlen, von Zeit zu Zeit ihre Versicherungen zu aktualisieren“, sagt Martin Nicolai.
Sorgen um den Nachwuchs
Der Brand und den Stress danach verkraftete Susanne Hoffmann nicht ohne Folgen. Ihr Körper rebellierte und sie bekam eine Schwangerschaftsvergiftung. Im Februar des Folgejahres wurde sie in Leipzig in die Frauenklinik eingewiesen. Als dann im März ihr Baby zur Welt kommen sollte, hatte die werdende Mutter wieder Probleme. „Mehrfach wurde bei mir die Geburt eingeleitet. Es half nichts. Lukas wurde dann mit Kaiserschnitt auf die Welt geholt. Es war für ihn höchste Zeit“, erinnert sich Susanne Hoffmann an diese Tage. Lange mussten beide noch in der Klinik bleiben. Papa Martin besuchte sie jeden Tag. „Da war es direkt mal gut, dass ich zu dieser Zeit arbeitslos und zu Hause war“, sagt er heute rückblickend.
Junge Familie plant Zukunft
Als Lukas aus dem Krankenhaus nach Hause kam, dachte das Paar intensiv über seine Zukunft nach. „Wir hatten schon überlegt, in ein anderes Bundesland zu gehen. Das Geld von der Versicherung hätte eine Starthilfe sein können“, erzählt die heute 24-jährige gelernte Werbekauffrau. „Doch weggehen, so richtig wollten wir das auch nicht. Wir sind doch hier zu Hause. Wir haben viele Freunde. Also entschieden wir uns für's Hierbleiben“, sagt Martin Nicolai. Glück hatte er außerdem bei der Suche nach einem Job und bekam eine Festanstellung.
Die Brandruine wurde später abgerissen, Wege nach der Finanzierung eines Eigenheimes gesucht, bei dem das Geld von der Versicherung für die kleine Familie gut angelegt ist. Im März 2006 wurde schließlich der Grundstein für ein neues Zuhause gelegt. Heute steht auf dem Grundstück in Zschörnewitz ein schmuckes Haus. Bis Ende August muss nun im Inneren alles für den Einzug vorbereitet werden. Freunde und Familienangehörige helfen. Sie unterstützen Martin und Susanne bei allen nur denkbaren Arbeiten. Gerade muss drinnen der Estrich trocknen, damit Fußböden verlegt und auch das Bad eingebaut werden kann. Unterdessen geht es draußen weiter. Trotz Hitze sind Freunde gekommen, um beim Verlegen von Rohrleitungen zu helfen. „Mitunter waren mehr als 20 Helfer hier, um uns zu unterstützen“, sagt Martin.
Das zweite Kind ist unterwegs
Beim Bau hatten alle mit manchen Hindernissen fertig zu werden. Es gibt Neider, die der jungen Familie ihr Glück nicht gönnen. Apropos Glück. Im September will die kleine Familie einziehen. Das hat seinen guten Grund: Das 2. Kind wird erwartet. „Wenn alles gut geht, kommt der neue Erdenbewohner im November zur Welt“, erklärt Susanne, während sie Lukas im Planschbecken beobachtet.