Von Siegrid SiegismundundMichael Barthel
Mit der 1920 erfolgten Berufung von Prof. Dr. Neger an die Technische Hochschule Dresden als Professor für Botanik wurde der Schellerhauer Garten als „Alpenpflanzen-Anzuchtstation“ dem Botanischen Garten Dresden zugeordnet. Als der Technischen Hochschule in starker wirtschaftlicher Not in den zwanziger Jahren das Geld ausging, blieb der Garten ab 1924 ein Jahr ohne Bewirtschaftung liegen und verfiel. Aus dieser Situation rettete ihn der Landesverein Sächsischer Heimatschutz. In Verhandlungen mit dem Finanzministerium wurde erreicht, dass der Schellerhauer Garten unentgeltlich dem Landesverein übergeben wurde. Der Staat finanzierte die Stelle eines staatlichen Forstwarts mit Ehefrau zur Betreuung und Beaufsichtigung. Die wissenschaftliche Leitung lag in den Händen des Landesvereins, der diese Aufgabe seinem Mitglied, dem Geheimen Schulrat J. Sieber, übertrug.
1928 erwarb der Landesverein das östlich an den Garten angrenzende Gelände. Dessen Gestaltung, inhaltliche Gliederung und Bepflanzung plante und leitete Sieber mit großem Einsatz.
Nach seinem Tod übernahm Oberlehrer Robert Mißbach im Frühjahr 1930 die Leitung des Gartens und führte ihn in eine neue Glanzzeit. Der Kauf weiterer 800 Quadratmeter am östlichen Rand noch im selben Jahr ermöglichte das Herausnehmen beschattender Gehölze des Kerngartens. Mißbach ist es zu verdanken, dass die Quartiere der heimischen Erzgebirgsflora ausgebaut und für Pflanzen der feuchten Wiesen und Hochmoore ein spezielles Moorbeet angelegt wurde. Mit der Einbeziehung der Flora des Erzgebirges sollte der Garten verstärkt die Kenntnis der heimischen Pflanzen fördern und das Verständnis für die Bestrebungen des Naturschutzes wecken.
Nach der Erkrankung Mißbachs und dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges reichten die Arbeitskräfte zum Erhalt des Gartens nicht mehr aus, und wieder verfiel die Anlage. Unmittelbar nach Kriegsende nahm sich der Landesverein des verwilderten Gartens wieder an und verpflichtete im Mai 1946 den Oberlehrer und verdienstvollen Botaniker Fritz Stopp aus Radebeul nach Schellerhau. Von den 1 026 Pflanzenarten, die in den dreißiger Jahren vom Schellerhauer Kantor Schmidt aufgezeichnet wurden, fand er im Garten nur noch 33 Gehölze und 158 Stauden vor.
Stopp, der den Garten fast 20 Jahre aufopferungsvoll betreute, baute in kürzester Zeit den Garten im Mißbachschen Sinne wieder auf. In seiner Veröffentlichung über den Botanischen Garten im Jahre 1951 konnte er bereits wieder über 1 000 Pflanzenarten aufführen. Dank seiner unermüdlichen Sammler- und Experimentierfreudigkeit wurde später ein Bestand von etwa 2 000 Arten erreicht.
Nachdem im Jahre 1948 das Eigentum des Landesvereines unrechtmäßig abgewickelt worden war, übernahm die Hauptverwaltung der Staatlichen Museen, Schlösser und Gärten des Landes Sachsen die Verwaltung des Gartens. 1953 erfolgte im Rahmen der Verwaltungsreform seine Zuordnung zum Rat des Kreises Dippoldiswalde, der 1981 dem Gemeindeverband Kipsdorf die Trägerschaft übertrug.
Nach dem Ausscheiden von Fritz Stopp übernahm sein langjähriger Mitarbeiter, der Schellerhauer Gerhard Liebschner, die schwierige Aufgabe, den Garten über weitere 15 Jahre hinweg allein zu betreuen.
Seit 1979 wirkt der heutige Leiter des Botanischen Gartens, Michael Barthel. Der weitere Ausbau des so genannten Erholungswesens war in den achtziger Jahren Anlass, die Instandsetzung des Botanischen Gartens in Angriff zu nehmen. Ausgehend von seiner reizvollen Lage im Osterzgebirge und dem in Jahrzehnten herangewachsenen Gehölzbestand erfolgte nunmehr eine der örtlichen Situation angepasste naturnahe Modellierung und Gestaltung des Gartengeländes. Mit einem Flächenzukauf wurde der Grundstein für die heutige Größe des Gartens von rund 1,5 Hektar gelegt. Diese Erweiterung ermöglichte den Bau des Wirtschaftsgebäudes einschließlich der erforderlichen Wasserversorgungsanlage.