Von Dr. Günter Naumann
Ein Brüderpaar war es, das den Grundstein für Meißens Ofenindustrie legte. Nachdem der schlesische Töpfermeister Carl Teichert 1863 in Meißen seine sehr erfolgreiche Kachelfabrik gegründet hatte, tat es ihm sein Bruder Ernst Teichert fünf Jahre später nach. Das nötige Wissen und Können hatte er sich zuvor in der Ofenfabrik am Neumarkt als Werkführer angeeignet.
Ernst Teicherts Ofenfabrik ging 1868 als „Ofen- und Thonwaarenfabrik“ an der heutigen Dresdner Straße in Cölln in Betrieb. Die gegenüber der Stadt Meißen am rechten Elbufer gelegene Landgemeinde Cölln verfügte im Gegensatz zu dem beengten Meißen über genügend und dazu preiswertes Bauland, so dass sich der Schwerpunkt der industriellen Entwicklung ab etwa 1865 von Meißen nach Cölln verlagerte. Dadurch entwickelte sich die Landgemeinde Cölln bis zu ihrer Eingemeindung nach Meißen zum Industrieort und vor allem zum Zentrum der sächsischen Ofenindustrie.
Der Bauboom der Gründerjahre nach dem Deutsch-Französischen Krieg hatte Ernst Teichert dazu angeregt, sein Unternehmen beträchtlich zu erweitern. Weil die Beschaffung des Kapitals über Bankanleihen Schwierigkeiten bereitete, verkaufte Ernst Teichert seine Fabrik 1872 an eine Aktiengesellschaft, die das Unternehmen unter der Firma „Sächsische Ofen- und Chamottewaaren-Fabrik vormals Ernst Teichert“ weiterführte.
Ernst Teichert war Aktionär dieses Unternehmens und gehörte bis zu seinem Tode dem Aufsichtsrat an. Bis Ende 1873 hatte er auch noch die technische Leitung der Fabrik inne. Zuletzt firmierte dieses Unternehmen ab 1919 als „SOMAG Sächsische Ofen- und Wandplattenwerke Akt.-Ges.“.
Die dritte Ofenfabrik gründete ebenfalls Ernst Teichert. Sie begann 1884 als Firma „Ernst Teichert, Cölln-Meißen“ an der heutigen Fabrikstraße in Cölln. Nachdem Ernst Teichert am 7. Oktober 1886 verstorben war, wurde die Fabrik durch seinen Sohn Christian Teichert für die Herstellung von Ofenkacheln umgerüstet.
Als vierte Ofenfabrik wurde 1888 in Cölln die Aktiengesellschaft „Ofenfabrik und Kunstziegelei Cölln-Meißen“ an der heutigen Großenhainer Straße in Cölln gegründet. Zuletzt firmierte dieses Unternehmen ab 1929 als „Meißner Wandplattenwerke Saxonia G.m.b.H.“.
Neben diesen vier Großbetrieben gab es in Meißen zeitweise noch vier kleinere Fabriken für die Herstellung von Ofenkacheln, die aber niemals eine größere Bedeutung erlangten. Dazu gehörte vor allem die 1865 von Eduard Haupt in Meißen-Niederfähre an der heutigen Hafenstraße Nr. 26 gegründete Töpferei, die sich bald zur Ofenfabrik entwickelte, aber 1909 wegen schlechten Geschäftsganges geschlossen wurde. Im Verlauf seines Bestehens hatte dieses Unternehmen maximal acht Brennöfen und 50 Mitarbeiter.
Die am 8. Februar begonnene Serie zum Jubiläum 150 Jahre Meißner Ofen- und Wandfliesenindustrie wird nächste Woche mit dem vierten Teil fortgesetzt: Die Keramikbetriebe erweitern ihr Sortiment.