Von Ingrid v. Bergen-Wedemeyer und Marius Winzeler
Mit bewundernswertem Einsatz hat die Akademie für Alte Musik Oberlausitz unter Leitung von Ulrike Engelke fünf Konzert-Abende bestritten. Geleitet vom renommierten Barockgeiger Simon Standage, London, spielte das Internationale Barockorchester Görlitz dabei eine Hauptrolle. Seine Mitglieder, Absolventen und Dozenten der Akademie aus Ost und West, geübt im Spiel auf historischen Instrumenten, formierten sich in unterschiedlichen Kammermusikensembles und traten solistisch auf. Verstärkung bot der Chor der Görlitzer Kirchenmusikschule unter Reinhard Seeliger. Auf weitere Gäste musste verzichtet werden. Obwohl sie zur weiteren Ausstrahlung der Festtage hätten beitragen können. Dafür wäre aber eine gewisse Planungssicherheit in finanzieller Hinsicht nötig gewesen.
Dieses Jahr konnte das ohne öffentliche Unterstützung gebliebene Festival nur dank Spenden in letzter Minute durchgeführt werden: So überreichten der Geschäftsführer der Görlitzer Stadtwerke, Jean-Marie Hubert, und Finanzbürgermeister Rainer Neumer im Namen der Ars vivendi-Stiftung im letzten Konzert einen Scheck über 5 000 Euro. Möge er helfen, dass das kleine, feine Festival zu einer Görlitzer Tradition wird (Wäre aber nicht der weniger besetzte Winter die bessere Jahreszeit dafür?).
Ein Genuss war es, die Salzburger Sinfonien B-Dur und D-Dur von Mozart in einer lauen Sommernacht zu hören. Ihr italienischer Stil wurde von den Musikern des Barockorchesters im Wichernhaus überzeugend gestaltet. Dann erklang das einzige Flötenkonzert von Luigi Boccherini, dessen Solopart Ulrike Engelke meisterhaft auf der Traversflöte spielte – die vorzügliche Akustik trug die Töne klangvoll durch den Raum. Als Solist kam auch der Leiter des Orchesters zum Zuge, Simon Standage. Er brillierte mit dem Es-Dur-Violinkonzert von Johann Gottlieb Graun, dem Konzertmeister am Hofe Friedrich II. von Preußen. Ein Werk der Frühklassik schloss das Konzert ab, die Sinfonie Nr. 1 des jüngsten Bachsohnes Carl Philipp Emanuel, vom Barockorchester mit großer Virtuosität interpretiert.
Auch am Sonntag in der Annenkapelle überzeugte das Orchester mit frischem Spiel und lustvollem Musizieren. Allerdings hätte man sich einen luftigeren und akustisch weniger halligen Raum gewünscht. Im Gewölbe der Annenkapelle verloren sich bisweilen Prägnanz und Transparenz. Mit pompösem Paukenschlag (schwungvoll: Ana David) und leichtem Streicherklang setzte Mozarts „Serenata notturna“ Maßstäbe. Das Wechselspiel der kongenialen Geigen, das Trio im Menuett und das im Orchester kraftvoll zum Tragen kommende Bassfundament mit den beiden ausgezeichneten Cellisten verdient Hervorhebung. Hier war die Spannung gehalten, der Geist des köstlichen komödiantisch-festlichen Werks zum Leben erweckt. Dagegen wirkte das Violinkonzert C-Dur Nr. 1 von Joseph Haydn im Orchesterspiel akademischer, die Dynamik war mitunter nur verhalten akzentuiert.
Mozarts zum Abschluss des Konzerts gespielte Kleine Nachtmusik weckt wegen ihrer großen Bekanntheit hohe Erwartungen und fordert entsprechend ein durchdachtes Spiel. Im Einzelnen wurde hier vieles schön gespielt, differenziert in Dynamik und Klang, zuweilen auch mit befreit wirkend großer Geste. Aber als Ganzes wirkte das Werk zu unbestimmt. Wahrscheinlich zeigte sich nach der intensiven Woche eine gewisse Ermüdungserscheinung, die der herzliche Applaus des zahlreichen Publikums wegwischte.