Von Manfred Müller
Von der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt wird an der Rückseite des Volkshauses eifrig gebaut. Der Riesaer Lutz Steinchen (52) will einen Flügel des verfallenen Wahrzeichens der Elbestadt in ein Wohnparadies verwandeln. 34 Mietwohnungen und 18 Eigentumswohnungen werden den denkmalgeschützten Gebäudeabschnitt wieder mit Leben erfüllen. Bis Ende nächsten Jahres soll der erste Teil des Wohnkomplexes fertig gestellt sein.
Ruine gut erhalten
Die Volkshausruine erweist sich bei näherem Hinsehen als gar nicht so ruinös. Die halbmeterdicken Kellerwände sind für die Ewigkeit gebaut, und auch die Backstein-Außenwände verraten solides Bauhandwerk. Lediglich die Holz-Geschossdecken müssen komplett ausgebaut und durch Stahlbeton ersetzt werden.
Auf der Hofseite werden Erker mit Balkonen angebaut, so dass die Bewohner – geschützt durch den Winkelbau des Volkshauses – die Ruhe des kleinen Parkes genießen können. Dessen alter Baumbestand aus Linden und Kastanien soll erhalten bleiben und bedarf nur einiger Pflegemaßnahmen. „Die Wohngegend ist vor allem für ältere Menschen interessant, deshalb wird es auf der Parkseite keine Stellplätze geben“, erklärt Lutz Steinchen. In diese beruhigte Zone gehen die Fenster der Wohn- und Schlafzimmer hinaus. Die Zufahrt zu den Hauseingängen erfolgt von der Jahn-Straße aus.
Grundrisse werden vergrößert
Es sei nicht einfach gewesen, die denkmalpflegerischen Aspekte mit zeitgemäßen Komfort-Ansprüchen unter einen Hut zu bringen, sagt Lutz Steinchen. Aber der Bauhaus-Stil sei glücklicherweise sehr funktional und nichts Festgefahrenes. Die Grundrisse der früheren Wohnungen werden durch das Herausreißen von Zwischenwänden vergrößert. Alle Fußböden erhalten Wärmedämmung. Die Fenster zur Breitscheidstraße hin werden schallgeschützt. Die künftigen Bewohner müssen die Fenster eigentlich kaum noch öffnen – ein ausgeklügeltes Belüftungssystem mit Wärmerückgewinnung sorgt 24 Stunden am Tag für frische Luft.
Lutz Steinchen hat den Bau selbst geplant, am Computer in 3D simuliert und kalkuliert. Lediglich die Ausführungsplanung wurde vom Riesaer Bauplanungsbüro Taupitz übernommen. Steinchen ist ein waschechter Selfmademan: Stahlbauschlosser, Turntrainer, Sportartikel-Händler und nun seit einigen Jahren schon Baulöwe. Wohnen in der Elbestadt ist attraktiver geworden, seit Steinchen begonnen hat, sanierungsbedürftige Altneubauten umzugestalten. Viele Häuser in der Pausitzer Delle, auf der Goethestraße und in Merzdorf tragen seine Handschrift.
Ein Traum erfüllt sich
Mit der Sanierung des Volkshauses erfüllt sich ein Traum vieler Riesaer, die den außergewöhnlichen Bau im Herzen der Stadt wieder als das Schmuckstück sehen wollen, als das er 1930 errichtet wurde. Es ist nicht schwer vorauszusehen, dass der von Lutz Steinchen begonnene Wohnungsbau im Ostflügel die Sanierung des gesamten Gebäudes zur Folge haben wird. Der „Gesellschaftsblock“ an der Breitscheid-Straße befindet sich noch im Eigentum der Stadt, die nach weiteren Investoren Ausschau hält. Offenbar mit Erfolg.
Riesas Chef-Planer Frank Keßler hält sich allerdings noch bedeckt. „Es gibt eine Objektreservierung bis zum Jahresende“, sagt er. Mehr könne er im Augenblick nicht öffentlich machen. Möglicherweise laufen die Ausbau-Pläne auf eine medizinische Einrichtung hinaus, wie es bereits vor Jahren einmal gedacht war.