Von Birgit Ulbricht
Erhard Pfennig aus Großenhain traute seinen Augen nicht, als er die Post öffnete. Der Eigenbetrieb Abfallwirtschaft schickte ihm vor wenigen Tagen einen Bescheid, in dem er verkündete, dass die Hausmüllentsorgung ab sofort teurer wird. Weil sich Herr Pfennig das nicht erklären konnte, rief er bei der Abfallwirtschaft an. Doch die Auskunft der Mitarbeiterin dort brachte ihn erst recht auf die Palme. Man habe sich verkalkuliert. Das tue ihr zwar leid, aber nun müsse man die Preise eben ändern. „Das kann doch nicht wahr sein“, ärgert sich der Senior, „Ich kann doch auch nicht aufs Amt gehen und sagen, ich habe mich verrechnet, ich bekomme eigentlich mehr Geld.“
Restabfall fehlt
bei der Kalkulation
Betriebsleiter Gert Nitzsche erklärt das Versehen so: „Wir haben die Kosten für das Sortieren von rund 12 000 Tonnen Restabfall nicht mit in die Kalkulation aufgenommen, so dass die Finanzierung nicht über die Gebühren abgesichert ist. Das mussten wir korrigieren.“ Hintergrund: Der Eigenbetrieb lässt Rest-abfälle sortieren, anstatt sie sofort auf der Deponie abzukippen. Damit spart das Unternehmen pro Tonne etwa sechs Euro. Diese Kosten wurden nun auf die Bürger umgelegt. Nach Berechnungen des Eigenbetriebes steigt die Gebühr so zum Beispiel für die 60-Liter-Tonne Hausmüll um rund fünf Euro im Jahr.
Nitzsche kündigt zu gleich an, dass die Gebühren ab nächstem Jahr dann wieder moderat sinken werden, weil die Umlage aufs ganze Jahr gerechnet werde. Wahrscheinlich ist, dass für nächstes Jahr gänzlich neu gerechnet wird. Denn am 1. September wird die Papierentsorgung neu vergeben. Auf eine neue Rechnung hoffen auch andere: Familie Brandt aus Lampertswalde zum Beispiel. Die Mutter von sechs Kindern hatte im Januar dieses Jahres vor dem Verwaltungsgericht gegen den Landkreis Recht bekommen.
Amt geht juristisch
gegen Großfamilie vor
Elisabeth Brandt klagt seit 1998 auf Gleichbehandlung bei den Müllgebühren. Die pauschale Grundgebühr ist ihr ein Dorn im Auge. Ihrer Meinung nach bezahlen Großfamilien eine viel zu hohe Pauschale. Doch das Abfallunternehmen blieb dabei: Ermäßigungen sind in der Satzung nicht vorgesehen. Härtefälle könnten schließlich beim Sozialamt Zuschüsse beantragen.
Doch der Verwaltungsrichter wies diese Argumentation ab. „Eine kinderreiche Familie kann man doch wohl nicht als Härtefall bezeichnen“, stellte Richter Christoph Jestaedt klar. Es müsse eine Ermäßigung bei der Grundgebühr möglich sein. Entweder als degressive Staffelung oder Wegfall der Grundgebühr ab einer bestimmten Personenzahl. Genau das hatte der Familienverband in den vergangenen Jahren gefordert.
Doch der Landkreis will das Urteil nicht akzeptieren und ist vorm Oberverwaltungsgericht in Bautzen in Berufung gegangen. „Der Herr Richter kam vom Sozialgericht, kein Wunder“, sagt Nitzsche zum Urteilsspruch des Verwaltungsgerichtes. „Ein Gericht kann den Kreisräten nicht vorschreiben, was sie für eine Satzung beschließen.“ Doch Elisabeth Brandt gibt nicht auf. Diesmal strengt sie ein Normenkontrollverfahren gegen den Kreis an. Das dauert höchstens ein Jahr und hätte bei Erfolg weit reichende Konsequenzen.